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AMD Radeon RX Vega 64 und RX Vega 56 im Test - Fazit

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Die Erwartungen an Vega waren hoch. Erfüllen können die Radeon RX Vega 64 und Vega 56 diese nur in Teilen. Allerdings ist eine Erwartungshaltung immer abhängig vom Standpunkt oder der Zielsetzung und hier entscheidet sich dann auch, ob man die neuen Karten als Erfolg oder Fehlschlag bezeichnet. Wir werden uns an einem Zwischenweg versuchen, denn es ist weder alles schlecht noch alles gut.

Zielsetzung seitens AMD ist ein flüssiges Spielen auch bei höchsten Auflösungen und Qualitätseinstellungen. Dieses Ziel wird teilweise erreicht. Allerdings muss sich AMD trotzdem immer gegen die Konkurrenz behaupten und hier ist NVIDIA mit der GeForce GTX 1080 Ti derzeit klar im Vorteil. NVIDIA ist und bleibt der Hersteller mit der schnellsten Single-GPU-Grafikkarte. Doch dies ist häufig nicht die Frage, die sich ein Käufer einer Grafikkarte stellt, denn Preis und eigene Sympathien spielen ebenfalls eine große Rolle. Die beiden von uns getesteten Vega-Modelle müssen getrennt voneinander betrachtet werden und dementsprechend fällt unser Fazit aus.

Bevor wir allerdings auf beide Karten eingehen, noch ein Punkt, der aufgrund der Ähnlichkeiten zwischen der Radeon RX Vega 64 und Vega 56 offensichtlich ist: Ist es möglich eine Radeon RX Vega 56 zur Vega 64 freizuschalten? Derzeit heißt die Antwort "nein", denn ein Freischalten durch das BIOS ist nicht möglich. AMD verbaut beschnittene GPUs, die auf Seiten der Hardware durch einen Lasercut modifiziert und auf 56 Compute Units beschränkt werden. Ein Freischalten per Software ist demnach nicht möglich.

AMD Radeon RX Vega 64

Die Radeon RX Vega 64 findet die GeForce GTX 1080 als Gegenspieler, ist in den Benchmarks aber meist hinter dieser zu finden. In einigen Benchmarks ist sie schneller, liegt meist aber dahinter. Die Abstände sind sehr unterschiedlich und reichen von wenigen Prozentpunkten bis hin zu 12 %. Den vielerwarteten Wundertreiber hat es nicht mehr gegeben und auch der Draw Stream Binning Rasterizer ist bereits aktiv. AMD wird über den Treiber sicherlich noch in den kommenden Wochen und Monaten ein Leistungsplus erreichen und damit näher an die GeForce GTX 1080 heranrücken und diese eventuell auch überholen, einen echten High-End-Anspruch wird AMD mit der Radeon RX Vega 64 aber nicht erfüllen können. Die Leistung ist also im erwarteten Bereich und birgt eigentlich keinerlei Überraschungen.

Hinsichtlich der Kühlung und Leistungsaufnahme zeigt die Radeon RX Vega 64 ihre Schwächen. Die Thermal Design Power von 300 W wird vollständig ausgenutzt, ein Wunder in Sachen Effizienz ist damit nicht zu erwarten. AMD erkauft sich selbst in diesem Leistungsbereich diese "geringe" Leistung mit einer hohen Leistungsaufnahme. Daher sind auch die Temperaturen nicht gerade gering. Die Radeon RX Vega 64 arbeitet mit 85 °C am Temperaturlimit und der HBM2 wird mit 91 °C ebenfalls sehr warm, wenngleich davon keinerlei Beschädigungen oder eine geringere Lebensdauer der Hardware auszugehen sind. Die Lautstärke unter Last ist sicherlich ein Punkt, der viele stören wird.

Positive Aspekte der AMD Radeon RX Vega 64:

  • niedrige Idle-Lautstärke
  • 1.440p problemlos spielbar
  • Radeon iChill und Leistungsprofile bieten Spielraum
  • neue Technologien wie HBM2, HBCC, etc.

Negative Aspekte der AMD Radeon RX Vega 64:

  • hohe Temperaturen
  • hohe Leistungsaufnahme
  • hohe Last-Lautstärke
  • kaum Overclocking-Potenzial

AMD Radeon RX Vega 56

AMD überraschte alle Tester mit der Tatsache, dass auch die Radeon RX Vega 56 bereits jetzt zur Verfügung stand, auch wenn die Karte erst am 28. August in den Handel kommen wird. Man hat fast den Eindruck, als sei AMD selbst von der Radeon RX Vega 56 eher überzeugt, als von der größeren und vermeintlich schnelleren Variante. Hinsichtlich der Leistung liegt die Radeon RX Vega 56 10 bis 16 % hinter der Radeon RX Vega 64. Der geringere Takt plus die beschnittene Architektur haben hier ihre Auswirkungen.

Die geringere Leistung ist aufgrund der ebenso geringeren Ausbaustufe zu erwarten gewesen. Überzeugen kann die Karte aber erst im Zusammenspiel mit der Kühlung, denn diese kommt mit der geringeren Abwärme deutlich besser zurecht. Anstatt an der Temperaturgrenze zu arbeiten, bleibt die GPU der Radeon RX Vega 56 etwa 10 °K kühler. Ihren maximalen Boost-Takt kann sie aber dennoch nicht immer halten, da auch das Power-Target eine Rolle spielt und die Karte hier an ihre Grenzen kommt. Insgesamt aber erzeugt die Radeon RX Vega 56 ein rundes Gesamtbild und wirkt als die bessere Vega-Karte – wenn man ein paar Abstriche bei der Leistung in Kauf nehmen kann.

Positive Aspekte der AMD Radeon RX Vega 56:

  • geringe Idle-Lautstärke
  • besseres Leistung/Watt-Verhältnis
  • Radeon Chill und Leistungsprofile bieten Spielraum
  • neue Technologien wie HBM2, HBCC, etc.

Negative Aspekte der AMD Radeon RX Vega 56:

  • hohe Last-Lautstärke

Wir kennen nun die Leistung und die Preise, was wir allerdings nicht wissen ist, wie es um die Verfügbarkeit der Radeon RX Vega 64 und Vega 56 bestellt ist. Ab heute sind beide Modelle in ihren Varianten erhältlich. In den kommenden Stunden nach Erscheinen dieses Artikels wird sich zeigen, ob AMD die Radeon RX Vega tatsächlich in hohen Stückzahlen wird liefern können. Ein zusätzlicher Einflussfaktor dabei ist die Mining-Leistung, die unserer Meinung aber derzeit nicht für die Radeon RX Vega spricht, wenngleich dies noch abzuwarten gilt.

Vom Overclocking haben wir uns insgesamt mehr erwartet. So wirklich taktfreudig scheint die Karte nicht zu sein und dies liegt womöglich auch daran, dass AMD bereits ein Großteil des Potenzials abgeschöpft hat. Zumindest ohne aufwendige Kühllösungen ist kein hohes Leistungsplus zu erwarten. Einige Tester werden sicherlich bald die ersten Wasserkühler auf die Karte schnallen und dann werden wir auch diese Ergebnisse kennen und beurteilen können.

Insgesamt wirkt es so, als habe AMD mit der Vega-Architektur nicht ganz die eigenen Ziele erfüllen können. Sicherlich sind die Radeon RX Vega 64 und Vega 56 gute Karten, die gleiche oder gar bessere Leistung liefert die Konkurrenz aber bereits seit Monaten. Auf was AMD sicherlich noch bauen kann, ist die Tatsache, dass es noch zahlreiche Weiterentwicklungen rund um die Vega-Architektur geben wird. Der High Bandwidth Memory Controller wird noch gar nicht verwendet, APIs wie Vulkan spielen noch keine große Rolle und Techniken wie Async Compute, Shader Intrinsics, Rapid Packed Math und NGG müssen erst noch ihren Weg in die Entwicklungsumgebungen der Spieleentwickler finden. Sollte dies über das Stadium der Technikdemos hinausgehen, kann AMD die Leistung der Radeon RX Vega in Zukunft deutlich steigern, doch es kommt zunächst einmal auf das Hier und Jetzt an.

Die Leistungsprofile bieten derzeit zumindest eine Möglichkeit, einige der Kritikpunkte der Radeon RX Vega 64 auszuräumen. Damit lässt sich der Verbrauch deutlich reduzieren, ohne zu viel an Leistung zu verlieren. Insgesamt bietet AMD mit den zahlreichen Einstellungen im Treiber noch viel Spielraum, der es jedem möglich macht, die Hardware noch etwas an die Software anzupassen. Allerdings gibt es auch viele, die die Karte einfach nur einstecken und loslegen – diesen ist mit den Standardeinstellungen nicht immer geholfen.

Persönliche Meinung

Das Fazit zur Radeon RX Vega fällt nicht ganz leicht. Auch meine Erwartungen waren hoch, nicht nur weil AMD die Werbetrommel entsprechend rührte, sondern auch weil es einfach schön wäre, wieder einen direkten Konkurrenten zu NVIDIA in allen Bereichen zu haben. Im Laufe des Tech Days zu Vega und auch der ersten Tests stellte ich mir häufiger die Frage, ob AMD wirklich alle Ziele mit Vega erfüllt hat und den eigenen Erwartungen daran gerecht wurde. Eine finale Antwort darauf konnte ich nicht finden, auch weil AMD nicht über eventuelle Probleme sprechen würde. Mit der Vega-Architektur und Techniken wie HBCC, HBM2, Shader Intrinsics, Rapid Packed Math und NGG überzeugt AMD sicherlich wieder in Sachen Innovation, nun muss man diese nur noch in der Praxis auch auf die Straße bringen. (Andreas Schilling)

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