TEST

Zweimal RDNA als Navi

Die Radeon RX 5700 und Radeon RX 5700 XT im Test - Fazit

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Wir haben es oft genug betont und es dürfte inzwischen auch vielen Lesern klar sein: AMD positioniert seine neuen Navi-Karten nicht im absoluten High-End-Segment, sondern dort wo über die Stückzahl das Geld verdient wird. Waren und sind die Radeon RX Vega 56 und 64 sowie die Radeon VII ein Angriff auf besagtes High-End und damit auf NVIDIA mit seinen schnellsten Karten, ist dies bei der Radeon RX 5700 und Radeon RX 5700 XT nicht der Fall. Allerdings passt sich auch AMD dem derzeitigen Preisgefüge an – soviel sei schon einmal vorweggenommen.

Die RDNA-Microarchitektur ist neu, man erkennt aber noch ganz klar die Anleihen bei der Graphics-Core-Next-Generation. Am grundsätzlichen Aufbau hat sich wenig getan, allerdings hat AMD vorhandene Funktionseinheiten umstrukturiert, um die Effizienz zu erhöhen. So versetzt AMD die SIMD32-Einheiten in die Lage, die Berechnungen besser zusammenzuführen, was die IPC-Leistung steigert. In die gleiche Kerbe schlägt auch die Einführung eines L1-Caches. Zusammen mit einem schnelleren Speicherinterface dank der Verwendung von GDDR6-Speicher will AMD bei gleicher Leistungsaufnahme 50 % mehr Leistung herausholen können. All die Theorie haben wir bereits vor einigen Wochen ausführlich behandelt.

Was aber kommt davon in der Praxis beim Nutzer bzw. beim Spieler an? Die beiden Modelle Radeon RX 5700 und Radeon RX 5700 XT ersetzen ihre Vorgänger Radeon RX Vega 56 und Radeon RX Vega 64. Je nach Spiel trifft dieses Ergebnis mal mehr und mal weniger zu. Schaut man sich die Rohleistung der Karten an, müssten sie sogar noch etwas schneller sein, in vielen Spielen bekommen sie diese Leistung aber nicht so recht auf die Straße. Eventuell fehlt es hier auch einfach nur an den entsprechenden Treiberoptimierungen. Das, was vor zwei Jahren als Radeon RX Vega 56 und Radeon RX Vega 64 noch High-End war, wird aber nun als Radeon RX 5700 und Radeon RX 5700 XT in der oberen Mittelklasse platziert. Keinerlei Gedanken muss man sich hinsichtlich des Speicherausbaus machen. AMD spendiert beiden Karten 8 GB an Grafikspeicher – NVIDIA zieht in diesem Segment nun mit einer Super-Variante der GeForce RTX 2060 nach, die ebenfalls 8 GB Grafikspeicher bietet. Der Wechsel von HBM zu GDDR6 dürfte vor allem wirtschaftlicher Natur sein. GDDR6-Speicher ist deutlich günstiger als der teure Stapelspeicher.

Die Gegner aus dem grünen Lager sind die GeForce RTX 2060 und GeForce RTX 2070. Je nachdem, welches Spiel gerade zum Einsatz kommt, gibt es unterschiedliche Sieger. Mit den Super-Modellen hat NVIDIA allerdings schon vor wenigen Tagen zum Gegenschlag ausgeholt. Präventiv stellte man die GeForce RTX 2060 Super und GeForce RTX 2070 Super vor, die AMD und den Navi-Karten das Leben schwer machen sollten. Das Leistungsplus der Super-Modelle gegenüber ihren Schwesterkarten ohne Super-Zusatz spiegelt in etwa auch das Leistungsverhältnis gegenüber der Radeon RX 5700 und Radeon RX 5700 XT wider. Zwar sind die Navi-Karten hier und da etwas schneller als ihre Konkurrenz, Sieger sind aber meist die Super-Karten.

Die Beurteilung der Karten sollte aber vielschichtiger sein. So gehören auch die weiteren Messungen dazu und hier hinterlassen die Radeon RX 5700 und Radeon RX 5700 XT in den Referenzversionen ein zwiespältiges Bild. Die Lautstärke ist keine Domäne eines Blower-Designs. Dafür wird die Abwärme nahezu vollständig aus dem PC-Gehäuse befördert. Die Temperaturen sind zumindest nicht mehr ganz so grenzwertig, wie das bei der Vega-Generation der Fall war. Wie auch schon die Radeon VII zeigt sich aber, dass alleine die Fertigung in 7 nm kein Allheilsbringer für die Effizienz einer GPU ist. Die Navi-Karten machen hier zwar einen Schritt in die richtige Richtung, der geringe Unterschied in der Leistungsaufnahme zwischen einer Radeon RX 5700 und Radeon RX 5700 XT sowie den RTX-Modellen zeigt aber, dass deutlich mehr dazu gehört, als eine reine Bezeichnung der Fertigung.

Dafür könnte dies dafür sorgen, dass AMD wirtschaftlich einen Vorteil hat. 8 GB GDDR6-Speicher verwenden sie beide und vieles um die Karten ist identisch. NVIDIA benötigt allerdings eine Chipfläche von 445 mm² bzw. 545 mm² um es mit AMD aufzunehmen und hier reichen 251 mm² der Navi-10-GPU aus. Fairerweise muss man dann aber auch erwähnen, dass NVIDIA bei seinen RTX-Karten die Tensor und RT Cores auf dem Chip unterbringen muss. Die Ray-Tracing-Effekte mögen nicht für jeden eine Rolle spielen, für einige Spiele sind sie aber bereits ein Alleinstellungsmerkmal.

Auf der anderen Seite stellt sich AMD auch hinsichtlich der Software gegen NVIDIA auf. Das Contrast Adaptive Sharpening (CAS) ist ein Beispiel dieser immerwährenden Weiterentwicklung der Software bei AMD. Hinzu kommen Funktionen wie das Anti Lag, welches die Input-Latenzen bei schnellen Spielen reduzieren soll. Auf Basis einer dieser neuen Funktionen entscheidet sich sicherlich niemand für eine Radeon RX 5700 oder Radeon RX 5700 XT, aber sie sind neben den vielen anderen Softwarefunktionen Dreingaben, die vielleicht den letzten Ausschlag geben können.

Letzter wichtiger Punkt ist der Preis. AMD verlangt für die Radeon RX 5700 369 Euro. Die Boardpartner sollen diese unverbindliche Preisempfehlung für die Referenzmodelle übernehmen. Damit ist sie deutlich günstiger als die GeForce RTX 2060 Super Founders Edition, die 419 Euro kosten soll, aber auch etwas mehr Leistung zu bieten hat. Die Radeon RX 5700 XT soll in der Referenzversion 419 Euro kosten. Auch damit wäre man deutlich günstiger als die GeForce RTX 2070 Super Founders Edition, die für 529 Euro den Besitzer wechselt. Eine Radeon RX Vega 56 und Radeon RX Vega 64 kostete zum Start 499 bzw. 599 Euro.

Positive Aspekte der Radeon RX 5700:

  • ausreichende Leistung für 1080p und hohe Qualitätseinstellungen
  • 8 GB Grafikspeicher
  • geringe Idle-Lautstärke
  • gutes Leistung/Verbrauch-Verhältnis
  • Blower-Design befördert die Abwärme aus dem Gehäuse
  • günstiger Preis

Negative Aspekte der Radeon RX 5700:

  • zu laut unter Last

Positive Aspekte der Radeon RX 5700 XT:

  • ausreichende Leistung für 1440p und hohe Qualitätseinstellungen
  • 8 GB Grafikspeicher
  • geringe Idle-Lautstärke
  • gutes Leistung/Verbrauch-Verhältnis
  • günstiger Preis

Negative Aspekte der Radeon RX 5700 XT:

  • zu laut unter Last

Der Aufpreis der RTX-Karten gegenüber den Navi-Modellen lässt sich nicht alleinig über die Mehrleistung rechtfertigen, hinzu kommen aber auch die zusätzlichen Funktionen wie eben die RTX-Effekte in einigen Spielen. Auf der anderen Seite spart man mit der Radeon RX 5700 oder Radeon RX 5700 XT also ein paar Euro und kommt je nach Spiel auf eine ähnliche Leistung. Eine echte Empfehlung kann man so nur schwer aussprechen, zumal auch noch persönliche Präferenzen ins Spiel kommen. Welchen Karten nun die zukunftssichersten sind, ist ebenfalls schwer zu sagen. 8 GB an Grafikspeicher sind für alle Vertreter zunächst einmal kein Hindernis. Vielmehr dürfte es früher oder später an der Rohleistung fehlen. Dies wird auch das Problem von AMD in den kommenden Monaten sein. Zwar hat man noch die Radeon VII im Angebot, diese tut sich allerdings schon mit der GeForce RTX 2080 schwer und auch hier wird es ein Super-Update geben. Das absolute High-End-Segment überlässt AMD damit weiterhin dem Konkurrenten NVIDIA.