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Die Halbleiterindustrie befindet sich an einem kritischen Wendepunkt. Während konventionelle Extremultraviolett-Lithographie (EUV) mit einer Wellenlänge von 13,5 nm derzeit als etablierte Technologie in der Fertigung fortgeschrittener Chips dominiert, rücken alternative Ansätze in den Fokus des technologischen Interesses. Eine dieser vielversprechenden Technologien ist die Röntgenlithographie (XRL), die Wellenlängen von weniger als vier Nanometern nutzt und damit eine deutlich höhere räumliche Auflösung ermöglicht.
Röntgenlithographie ist keine neue Technik. Die Technologie entstand in den frühen 1970er Jahren als Ansatz zur Verbesserung der Auflösung gegenüber klassischen lithographischen Verfahren. Im Laufe der Jahrzehnte beschäftigten sich Unternehmen aus dem Foundry-Sektor mit dieser Technologie, gaben ihre Forschungsbemühungen in den meisten Fällen jedoch bereits in den 1990er Jahren auf. Die technischen Hürden waren schlicht zu groß, und die etablierte EUV-Technologie versprach schneller verfügbare praktische Lösungen.
Die technologische Grundlage und aktuelle Entwicklungen
Moderne Ansätze zur Röntgenlithographie basieren auf Teilchenbeschleunigern, die außergewöhnlich intensive Röntgenstrahlen erzeugen – Strahlungsquellen, die nach Angaben der Forschungsgemeinde Milliarden Male heller sind als die Sonne. Diese Eigenschaft ermöglicht es, extrem feine Strukturen auf Silizium-Wafer zu ätzen. Die kritische Innovation liegt in der Kombination einer neuartigen Strahlungsquelle mit völlig überarbeiteten optischen und mechanischen Systemen.
Erste demonstrative Ergebnisse wurden an nationalen Forschungslaboratorien sowie von privatwirtschaftlichen Unternehmen erzielt. Technische Vergleichswerte zeigen, dass die Röntgenlithographie zufällig verteilte Kontaktstellen mit Mittenabständen von etwa 30 nm ätzen kann und bei der Strukturierung zufälliger logischer Kontaktflächen Strukturabstände von 12 nm sowie Spitzenabstände von 13 nm erreicht – Werte, die mit den aktuellsten High-NA-EUV-Systemen vergleichbar sind.
Ein Bericht bei Bloomberg über ein US-Startup namens Substrate sorgte nun für besagte Aufmerksamkeit. Der wesentliche technologische Vorteil gegenüber dem EUV-Verfahren liegt in der Vermeidung des Multi-Patterning, einem komplexen und kostspieltigen Mehrschichtverfahren, das bei EUV häufig erforderlich ist, um Strukturen jenseits der optischen Grenzen zu erzeugen. Diese Vereinfachung könnte erhebliche Kosteneinsparungen mit sich bringen – Schätzungen deuten auf eine mögliche Reduktion der Produktionskosten für hochmoderne Silizium-Wafer um etwa eine Größenordnung hin, von geschätzten 100.000 US-Dollar auf rund 10.000 US-Dollar bis Ende des Jahrzehnts.
Substrate zeigte folgende Ergebnisse für die Belichtung verschiedener Strukturen:
Da auch das imec solche Strukturen für die Entwicklung von High-NA EUV zeigt, können wir gewisse Unterschiede in den Verfahren beschreiben, welche auch Aufschlüsse darauf geben, wie das Röntgenlithographie-Verfahren von Subtrate funktionieren könnte. Die gezeigten Strukturen zeigen mehrere Anomalien. Die geätzten Linien mit Gräben sowie die Säulenmuster mit charakteristischen Einbuchtungen deuten darauf hin, dass es sich um ein Negativlack-Verfahren handelt, bei dem die belichteten Bereiche nach der Entwicklung auf dem Substrat verbleiben. Besonders auffällig ist die Liniengeometrie mit einer deutlichen Verjüngung von oben nach unten, die bei jeder Linie auftritt – ein Verhalten, das für herkömmliche Masken-Linsen-Systeme untypisch ist. Diese legt nahe, dass das Lithographiesystem einzelne Linien sequenziell belichtet, ähnlich wie bei Elektronenstrahl-Lithographie, anstatt flächig mit Maske und Linse zu arbeiten.
Die Critical Dimension Uniformity (CDU) zeigt, dass die Linienbreiten-Uniformität extrem schlecht ausfällt, ist die Abstands-Uniformität zwischen den Linienenden außergewöhnlich gut – genau das Gegenteil dessen, was man bei einem konventionellen Scanner mit Maske und Linse erwarten würde. Zudem weicht das Verhältnis von Linienbreite zu Pitch erheblich vom typischen 1:1-Verhältnis ab, das bei Masken-Linsen-Systemen üblich ist. Die Linien sind deutlich schmaler als die halbe Pitch-Größe, was möglicherweise auf Ätzeffekte zurückzuführen ist. Das wiederholende Muster mit Einbuchtungen an den Säulenstrukturen verstärkt den Eindruck eines systematischen, vom herkömmlichen Prozess abweichenden Belichtungsverhaltens.
Die Kluft zwischen Demonstrationen und Massenproduktion
Während Substrate also beeindruckende Laborergebnisse vorweisen kann, bleiben fundamentale Skalierungsfragen offen. Der Übergang vom Proof-of-Concept zur Produktion auf kommerziellem Niveau erfordert die Aufrechterhaltung der in Laborumgebungen demonstrierten Präzision über große Wafer-Flächen hinweg bei gleichzeitig extrem hohen Durchsatzraten. Die angestrebte Massenproduktion ab 2028 stellt ein äußerst ambitioniertes Ziel dar.
Zum Vergleich: Chinesische Unternehmen bemühen sich seit Jahren intensiv um die Erreichung von ASML-ähnlichen Fähigkeiten und haben dafür Milliarden Dollar investiert – ohne bislang Erfolg gehabt zu haben.
Die Unterscheidung zwischen erfolgreicher Labordemonstration und großflächiger, zuverlässiger Massenproduktion ist eines der Kernprobleme bei der Bewertung neuer Fertigungstechnologien. Ein einzelnes Muster in geringen Nanometerbereichen herzustellen ist technisch bewältigbar – andere Verfahren wie der Nanoimprint-Lithographie von Canon haben ähnliche Erfolge demonstriert. Die eigentliche Herausforderung liegt darin, solche Präzisionsmuster in millionenfacher Stückzahl kontinuierlich, mit höchster Geschwindigkeit und extrem hoher Ausbeute zu produzieren.
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Substrate hat bereits Aufmerksamkeit in hochrangigen politischen Kreisen erhalten und zog vor kurzem 100 Millionen US-Dollar Investitionen an. In-Q-Tel, der durch die CIA unterstützte Investitionsfonds, ist beteiligt – eine Indikation für die nationale Sicherheitsrelevanz der Initiative.
Die Röntgenlithographie repräsentiert eine theoretisch vielversprechende technologische Richtung, die etablierte Strukturen in der Halbleiterfertigungsindustrie herausfordern könnte. Jedoch besteht eine fundamentale Diskrepanz zwischen der Herstellung präziser Labormuster und der Bewältigung der Komplexität großflächiger Massenproduktion. Das eigentliche Differenzierungskriterium liegt nicht in der Wellenlänge, sondern in der Fähigkeit, konsistente Ausbeute-Raten über Millionen von Bauteilen hinweg zu erzielen – eine Metrik, bei der etablierte Akteure wie TSMC erhebliche Vorteile besitzen. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob Substrate die technologischen und ökonomischen Herausforderungen wird meistern können.