Mit Windows 10 versucht Microsoft einen Neuanfang und lässt die Nutzer mehr noch als in der Preview-Phase von Windows 7 sowie Windows 8 mitreden. So wurden für sehr viele Microsoft-Dienste eigene Uservoice-Seiten eingerichtet, auf denen die Nutzer ihre Ideen vorstellen und bewerten können. Außerdem gibt es mit Windows Feedback zusätzlich eine Applikation, die direktes Feedback über das Betriebssystem erlaubt. Wir haben uns die aktuelle Windows 10 Technical Preview Build 10041 etwas genauer angeschaut.
Im Vergleich zur vorherigen Technical Preview hat sich einiges getan. So wurden die Symbole weiter dem typischen Icon-Design von Windows 10 angepasst und auch der Anmelde-Screen hat ein Facelift erfahren. Der Benutzeravatar wird von nun an rund und nicht mehr wie von Windows 8 gewohnt eckig angezeigt. Aber auch unter der Haube hat sich ein wichtiger Meilenstein ergeben: Erstmals in der Geschichte von Windows wurde die Build-Nummer von 10.000 übersprungen. Seit Windows NT werdend die Build chronologisch gezählt und just mit Windows 10 wurde passenderweise die 10.000 erreicht und überschritten. Wenn wir schon bei der Zahl 10 sind: Microsoft hat die NT-Version von Windows 10 nicht traditionsgemäß mit 6.4 beziffert, sondern auf 10 angehoben, was besonders bei sehr alten Treibern zu Problemen führen könnte. Beispielsweise sind einige Druckertreiber älterer Modelle leider nicht mit Windows 10 kompatibel. Ob aktualisierte Treiber kommen werden für Funktionen die nicht vom generischen Treiber von Microsoft abgedeckt werden kommen bleibt offen.
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Allerdings wird Windows 10 nicht nur ein reines Desktop- oder Notebook-Betriebssystem. Microsoft möchte mit Windows 10 alle Lebenslagen abdecken, vom Smartphone bis zum Internet of Things unterstützt Windows 10 nahezu alles, was einen SoC oder Prozessor hat. So wird es eine eigene Version von Windows 10 IoT für den Raspberry Pi 2 geben; ob mit grafischer Oberfläche, wird sich noch zeigen müssen. Zu Windows 10 passen natürlich die Microsoft-Dienste, die mit dem Betriebssystem sicherlich nochmals einen Aufschwung erleben werden. Ein Dienst schafft es im neuen Build erstmals - abseits von Smartphones - nach Deutschland: Cortana.
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Die Assistentin Cortana, benannt nach der künstlichen Intelligenz aus dem Halo-Universum (oder nach eigener Aussage Namenspatronin der künstlichen Intelligenz aus dem Halo-Universum), wird auf jedem Rechner mit Windows 10 zu finden sein und dem Nutzer mit Rat und Tat zur Seite stehen. Bedient werden kann sie entweder per Spracheingabe, die auf unserem Testgerät leider noch nicht funktionierte, oder per Tastatur. Neuere Systeme mit Prozessorgenerationen ab Qualcomm Snapdragon 800 sowie der neuesten Intel-CPU und AMD-APU-Generation werden „Hey, Cortana!“ zum Aktivieren der Assistentin per Spracheingabe unterstützen. Dazu ist ein eigener DSP im SoC notwendig, damit nicht zu viel Energie durch diese Funktion verbraucht wird. Auch wurde die Allianz zwischen Microsoft und Qualcomm weitergeführt, denn Windows 10 für ARM-Geräte, also Smartphones, läuft ausschließlich auf Chips aus kalifornischer Entwicklung.
Das Startmenü hat im Vergleich zum Vorgängerbuild auch einige Neuerungen erfahren. So gibt es nun mehr Shortcuts zu Systemprogrammen sowie eine halbtransparente Farbgebung, die allerdings noch einen Bug enthält. So schimmert der Desktop immer durch, bei geöffneten Fenstern sieht das Startmenü etwas unsortiert aus, da auch der Fensterinhalt durchschimmert. Die Livekacheln lassen sich nun etwas einfacher und intuitiver sortieren. Wer das Startmenü aus Windows 8.1 schöner oder besser findet, kann immer noch über den Erweitern-Button oben rechts im Menü auf den Tablet-Modus umschalten, der im Wesentlichen dem Status Quo aus Windows 8.1 entspricht. Leider sind noch nicht die neu angekündigten Applikationen für Mail und Kalender enthalten, die aus der Übernahme von Acompli entstanden sind.
Auch wurde weiter an der Systemsteuerung gefeilt, die nach und nach komplett als ModernUI-Applikation umgesetzt wird. In der RTM-Version wird die noch aus Windows XP stammende und in Windows 7 erweiterte klassische Systemsteuerung nicht mehr zu finden sein. Es wird sich zeigen müssen, ob die neue Systemsteuerung, aktuell noch „Einstellungen“ genannt, den Powerusern gerecht wird, die dort häufig arbeiten.
Apropos neue Apps: Der Nachfolger des Internet Explorer, aktuell lediglich als Project Spartan betitelt, ist leider noch nicht vorhanden. Die Engine des neuen Browsers lässt sich allerdings bereits im Internet Explorer aktivieren und zeigt eine sehr gute Performance. In einem direkten Vergleich im JavaScript-Benchmark SunSpider gewinnt die Project-Spartan-Engine mit 176,2 ms klar vor der Trident-Engine mit 187,9 ms. Das Delta wird sich sicherlich noch vergrößern, da Project Spartan ja noch mitten in der Entwicklung ist. Zum Vergleich: Der aktuelle Firefox 37 Beta in 64-Bit-Ausführung schafft den Test in 310,2 ms.
Browser | Engine | Zeit |
Mozilla Firefox 37 Beta 64-bit | Gecko | 310,2 ms |
Microsoft Internet Explorer 11 | Trident 7 | 187,9 ms |
Microsoft Internet Explorer 11 | Project Spartan | 176,2 ms |
Der Internet Explorer wird durch Project Spartan quasi abgelöst, ist in der RTM-Version aus Kompatibilitäsgründen aber noch vorhanden sein. Besonders alte firmeninterne Webanwendungen benötigen teilweise zwingend den Internet Explorer. Über die Sinnhaftigkeit dessen lässt sich durchaus diskutieren. Da wir schon mal beim Thema neue Software sind können wir auch direkt bei diesem bleiben. Mit Windows 10 führt Microsoft erstmals seit 2009 eine neue Grafik-API ein, die vieles besser machen soll.
Mit DirectX 12 beschreitet Microsoft in der Geschichte von DirectX erstmals neues Terrain. Inspiriert von der 2013 angekündigten und 2014 implementierten Mantle-API von AMD reduziert DirectX 12 die CPU-Auslastung merklich. Das bedeutet, dass mehr Draw-Calls durch das Spiel getätigt werden können, was im Umkehrschluss in mehr Bildern pro Sekunde resultiert. Laut NVIDIA unterstützt jeder Grafikchip ab der Fermi-Architektur (GeForce GTX 4xx) DirectX 12. Aus dem roten Lager sollen wohl alle Grafikkarten ab der 2011 präsentierten GCN-Architektur (ab Radeon HD 77xx bzw. ab Kaveri-APU) die Grafik-API unterstützen und von Intel wurde der Support ab den Haswell-Chips kommuniziert. Neben DirectX 12 und AMD Mantle (welches für Version 1.0 bereits eingestellt wurde) wird es noch eine dritte moderne Schnittstelle geben, die wiederum OpenGL ablöst: Vulkan.
Eckdaten Testsystem | |
Prozessor | AMD A10 4600M 4x 2,3 GHz |
Grafikkarte | AMD Radeon HD 7660G |
Arbeitsspeicher | 8 GB DDR3 1600 MHz |
Festplatte | Corsair 128 GB SSD |
Treiber | AMD Catalyst Omega 14.12 |
Betriebssystem | Windows 10 Technical Preview |
Build | 10041 |
Vulkan, welches größtenteils auf Code von Mantle basiert und namentlich mit Mantle (Erdmantel <--> Vulkan) verwandt ist, geht ähnlichen Ansätzen wie DirectX 12 nach und schneidet alte, belastende Zöpfe ab. Es wird ein sehr interessanter Kampf auf dem Spielesektor, welche Schnittstelle sich letztendlich durchsetzen wird. Beide haben gute Chancen und zumindest bei Vulkan könnte es bedeuten, dass Windows nicht mehr die dominierende Spieleplattform ist, da so Spiele leichter auf Mac OS X sowie diverse Linux-Distributionen portierbar sind. Allerdings hat Microsoft sich auch hierfür etwas ausgedacht und Xbox Live auf Windows 10 gebracht. Damit einhergeht auch der Multiplayer zwischen PC’lern sowie Xbox-One-Spielern bei ausgewählten Titeln, was auf der Präsentation des neuen Fable-Ablegers demonstriert wurde. Es werden interessante Jahre, was Spiele anbelangt. Außerdem macht Microsoft mit einem Zug Programme wie Fraps oder OpenBroadcaster obsolet, da die Xbox-App von sich aus Spielinhalte aufnehmen und streamen kann. Auch soll es Dank DirectX 12 möglich sein, Grafikkarten unterschiedlicher Hersteller in einem Verbund zu betreiben. Damit könnte die Dual-GPU-Unterstützung und vor allem Performance in den nächsten Jahren weiter steigen und ausgebaut werden, da Dual-GPU nun ein essentieller Bestandteil der API ist.
Alles in allem ist Windows 10 noch eine große Baustelle, die noch einiges an Feinschliff benötigt. Allerdings war es noch nie bei einer Windows-Version so einfach, sich an der Entwicklung zu beteiligen und diese durch sehr willkommenes Feedback zu beeinflussen. Viele gute Ideen wurden bereits aus Uservoice übernommen und implementiert. Es wird auf jeden Fall ein sehr spannender Weg, den das Unternehmen aus Redmond beschreiten wird. Windows 10 wird im Sommer eigenen Aussagen zufolge veröffentlicht werden und kostenfrei für Nutzer von Windows 7 und Windows 8.1 zur Verfügung stehen. Auch Nutzer von illegaler Software werden ein Update bekommen, was die Version von Windows 10 aber noch lange nicht legal macht.
Auch wird für die nächsten Wochen eine weitere Preview-Version von Windows 10 for Phones erwartet, der wir uns natürlich ebenfalls widmen werden.