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Umzug nach Deutschland

Proton flieht vor schweizer Überwachung

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Proton flieht vor schweizer Überwachung
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Proton hat begonnen, Teile seiner Infrastruktur aus der Schweiz abzuziehen. Den Anfang macht der KI-Assistent Lumo, der künftig auf Servern in Deutschland betrieben wird. Damit reagiert das Unternehmen auf die geplanten Änderungen der Schweizer Überwachungsverordnung, die Anbieter von Internetdiensten verpflichten könnten, ihre Nutzer zu identifizieren und Metadaten über Monate hinweg zu speichern. Für Proton, das sich seit seiner Gründung dem Schutz der Anonymität verschrieben hat, wäre dies ein fundamentaler Bruch mit dem eigenen Geschäftsmodell.

Die Verlagerung von Lumo nach Deutschland bedeutet eine Investition von über 100 Millionen Euro. Proton-CEO Andy Yen erklärte, dass man damit den Grundstein für einen europäischen „EuroStack“ legen wolle, der digitale Souveränität und Datenschutz in der EU stärkt. Deutschland gilt mit seinen strengen Datenschutzregeln und der DSGVO-Compliance als idealer Standort für die Pläne. Auch Norwegen steht bereits als weiterer möglicher Standort im Gespräch.

Mit Lumo will Proton zeigen, dass Datenschutz und KI sich nicht ausschließen müssen. Der Assistent speichert keine Gesprächsprotokolle auf den Servern und entschlüsselt Nachrichten ausschließlich auf den Geräten der Nutzer. Grundlage bilden quelloffene Modelle wie Mistral Nemo und Nvidia OpenHands 32B, die Transparenz über die Funktionsweise ermöglichen sollen. Lumo kann im Browser oder über Apps genutzt werden, und die Zugangsmodelle reichen vom kostenlosen Gastmodus ohne Konto über ein Proton-Nutzerpaket mit verschlüsseltem Verlauf bis hin zu einem Abo für 15,20 Euro im Monat, das erweiterte Funktionen bietet.

Die politische Brisanz liegt in der Ironie der Situation: Ausgerechnet die Schweiz, die international lange als Hort der Vertraulichkeit und des Datenschutzes galt, könnte durch strengere Überwachungsauflagen Unternehmen wie Proton ins Ausland treiben. Die Firma, die 2014 am CERN in Genf gegründet wurde, ist heute mit Diensten wie ProtonMail, ProtonVPN oder ProtonDrive ein zentraler Akteur im Bereich der digitalen Privatsphäre.

Proton ist mit seiner Kritik nicht allein. Auch NymVPN drohte bereits mit einem Rückzug, sollte die neue Regelung umgesetzt werden. Bürgerrechtsorganisationen wie die Digitale Gesellschaft haben zusammen mit Campax mehr als 15.000 Unterschriften gegen die geplanten Gesetze gesammelt und an die Regierung übergeben. Ob die Proteste Erfolg haben, bleibt offen – Proton jedenfalls hat mit dem Umzug von Lumo bereits Fakten geschaffen.

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