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Michael Kors Access Grayson im Test

Wenn Design das Wichtigste ist

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Wenn Design das Wichtigste ist
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Das Smartwatch-Universum ist klar aufgeteilt: An der Spitze marschiert Apple, Android Wear folgt mit weitem Abstand. Eine Aufteilung, die erst vor wenigen Wochen von Marktforschern - mal wieder - bestätigt worden ist. Ohne das Engagement von Mode- und Lifestyle-Unternehmen würde es allerdings vermutlich noch schlechter um Googles Ökosystem stehen. Entsprechend zeigt die Michael Kors Access Grayson fast schon exemplarisch, wie es um Android Wear Ende 2017 bestellt ist. Denn der Test legt offen, welche Vor- und Nachteile es hat, wenn ein IT-fremder Hersteller wie in diesem Fall Fossil eine Smartwatch entwickelt.

Dabei ist IT-fremd mit Blick auf Fossil vielleicht nicht ganz passend. Schließlich hat das Unternehmen schon zahlreiche Smartwatches auf den Markt gebracht und frühzeitig erkannt, dass die mehr oder minder intelligenten Uhren den Markt der klassischen Alternativen durcheinanderwürfeln werden.

Dass sich hinter der Michael Kors Access Grayson tatsächlich Fossil versteckt, lässt sich zunächst nicht erkennen. So wird der tatsächliche Hersteller auf der Produktseite gar nicht erwähnt, auf der Verpackung immerhin im Kleingedruckten. Kenner der Szene wissen hingegen, dass Fossil für zahlreiche andere Marken aktiv ist. Schließlich will oder kann es sich nicht jedes Mode-Label leisten, Geld und und Zeit in die Entwicklung einer eigenen Uhr zu investieren.

Einheitliche Basis

Deshalb verwundert es auch nicht, dass die Grayson auf Hardware basiert, die auch für diverse andere Smartwatches der Fossil Group verwendet wird. Allerdings muss betont werden, dass Hardware-Diversität bei Android Wear noch nie ein großes Thema war - abgesehen von Display und Akku waren und sind alle Modelle dicht beieinander.

Wichtigstes Bauteil ist Qualcomms Snapdragon Wear 2100. Der Anfang 2016 vorgestellte SoC war von Anfang für den Einsatz in Wearables vorgesehen, anders als der lange Zeit in Uhren verbaute Snapdragon 400 (MSM8026). Dabei sind beide Chips dicht beieinander. Auch im Snapdragon Wear 2100 stecken vier Cortex-A7-CPU-Kerne, die bis zu 1,2 GHz erreichen und auch das Fertigungsverfahren ist mit 28-nm-LP identisch. Die GPU hört auf den Namen Adreno 304 und ist bis auf sehr wenige Punkte identisch mit der Adreno 305 des Snapdragon 305. Größere Unterschiede gibt es lediglich bezüglich der unterstützten Schnittstellen.

Technische Daten Michael Kors Access Grayson
  Michael Kors Access Grayson
Display-Größe 1,39 Zoll
Display-Auflösung 454 x 454 Pixel
Display-Technik AMOLED
Akku 370 mAh
Sensoren Bewegungssensor, Lagesensor, Helligkeitssensor
SoC Qualcomm Snapdragon Wear 2100
RAM 512 MB
Interner Speicher 4 GB
Material Gehäuse Edelstahl, Glas
Material Armband Edelstahl
Maße (Gehäuse) 49,0 x 49,0 x 13,0 mm
Gewicht 249 g
Produktseite www.michaelkors.de

Für die Michael Kors Access Grayson spielt das aber keine Rolle. Denn weder GPS noch NFC wurden bei der Entwicklung berücksichtigt, kommuniziert wird lediglich per Bluetooth 4.1 und WLAN (802.11 a/b/g/n); ein Version der Smartwatch mit LTE-Modem gibt es nicht. Wie bei fast jeder Android-Wear-Uhr gibt es auch hier 512 MB an RAM sowie einen 4 GB großen internen Speicher, ebenso Mikrofon und Lautsprecher. Bei den verbauten Sensoren fallen vor allem die für Erkennung der Lage, Beschleunigung und Helligkeit auf; ein Pulsmesser fehlt.

Den Helligkeitssensor hat Fossil zwischen Display-Panel und Gehäuserand platziert. Das ermöglicht einerseits ein komplett rundes Display, sorgt anderseits aber auch für einen vergleichsweise bereiten Rahmen rund um das Panel. Ob dieser nur aufgrund des Sensors so breit ausfällt, ist unklar. Beim Display verlässt man sich auf ein AMOLED-Panel mit einer Diagonalen von 1,39 Zoll, das dank 454 x 454 Pixeln eine sehr scharfe Darstellung bietet. Farbdarstellung und Helligkeit sind hingegen allenfalls durchschnittlich. Zwar werden Farben AMOLED-typisch satt dargestellt, ein klarer Blaustich (rund 7.500 Kelvin) ist aber nicht zu übersehen. Und mit maximal 334 cd/m² ist die Anzeige zwar oftmals, aber nicht immer gut abzulesen. Vor allem bei direkter Lichteinstrahlung - ob Sonne oder künstliche Quelle - nehmen Spiegelungen überhand. Lobenswert: Die automatische Helligkeitsregulierung arbeitet zuverlässig und sollte nicht nur deshalb die erste Wahl sein. Wer stattdessen auf die manuelle Anpassung setzt, kann zwischen fünf Stufen wählen.

Die weitere Hardware ist eher unauffällig. Mikrofon und Lautsprecher sind für ihre jeweiligen Aufgaben ausreichend, bei Verbindungen per Bluetooth oder WLAN gab es im Test keine Probleme.

Mit 370 mAh bietet der Akku für eine Uhr dieser Größenordnung eine leicht überdurchschnittliche Kapazität, die am Ende aber nicht in eben solchen Laufzeiten mündet. Das Maximum belief sich im Test auf etwa 37 Stunden mit aktivierter Always-on-Funktion sowie auf etwa 44 Stunden bei Verzicht auf diese. Selbst bei exzessivem Einsatz wurde die Marke von 24 Stunden nicht unterboten. Dennoch: Das tägliche Aufladen sollte zur Routine gehören. Das geschieht induktiv über ein magnetisch arretiertes Ladepad, das frappierend an die Apple-Watch-Lösung erinnert. Allerdings sitzt es hier weit weniger fest und wirkt auch weniger hochwertig.

Das Design ist die Stärke der Grayson

Während das Design angesichts des Rufs, den die Marke Michael Kors hat, ein wenig enttäuscht, überzeugt das Gehäuse der Grayson. Das Design orientiert sich klar an klassischen Chronographen, nicht zuletzt aufgrund der Krone und zwei zusätzlichen Tasten.

Unterstrichen wird dies vom verwendeten Edelstahl, der im Falle des Testmusters in Navyblau gehalten ist; alternativ stehen die Gehäusefarben Gold, Silber und Schwarz zur Auswahl. Das ebenfalls aus Edelstahl bestehende Gliederarmband mit Kippfaltschließe ist Ton in Ton gehalten, was für ein sehr harmonisches Erscheinungsbild sorgt. Wer Kontraste bevorzugt: Der Wechsel des Armbands ist problemlos möglich.

Das könnte allerdings dafür sorgen, dass die Smartwatch noch größer wirkt, als sie ohnehin ist. Mit etwa 49 x 49 x 13 mm kann das Gehäuse fast schon als wuchtig bezeichnet werden, für kleine Hände oder dünne Handgelenke ist die Grayson nicht gemacht. Daran ändern auch kleine Details wie das aufgesetzt wirkende Display, die feinen seitlichen Ringe drumherum oder das Michael-Kors-Logo auf der Krone nichts.

Die Grayson ist eine Uhr für Männer, nicht für Jungs.

Angesichts der unverbindlichen Preisempfehlung von 369 Euro überrascht es nicht, dass die Verarbeitung hervorragend ist. Das Gehäuse wirkt wie aus einem Guss, die Schließe arbeitet zuverlässig. Der Krone würde allerdings ein kräftigerer Druckpunkt gut zu Gesicht stehen, die beiden anderen Tasten - die untere startet Google Play, die obere lässt sich programmieren - verfügen über einen solchen. Dass die Uhr gemäß IP67 vor dem Eindringen von Wasser und Staub geschützt ist, ist eine Selbstverständlichkeit. Eine darüber hinaus gehende Einstufung wäre angesichts der Einsatzbereiche der Grayson überflüssig - beim Schwimmen oder unter der Dusche dürfte kaum jemand eine solche Uhr tragen.

Android Wear 2.0 ist Fluch und Segen

Für Hersteller wie Fossil ist Android Wear ein Segen. Google bietet damit eine Plattform, die in wichtigen Bereichen umfangreich angepasst werden und einen großen Teil dazu beiträgt, dass die Uhren dem jeweiligen Label angepasst werden können.

In erster Linie betrifft das natürlich die Watchfaces, von denen gleich 26 im Michael-Kors-Stil mitgeliefert werden, aber auch eigene Applikationen, die ab Werk vorinstalliert sind. Auch von letzterem macht man Gebrauch, viel mehr als eine Verknüpfung mit sozialen Netzwerken, das automatische Wechseln der Zifferblätter oder eine nach Farben sortierte Übersicht derselben gibt es aber nicht. Die dritte Möglichkeit, eine eigene Companion-App, wird bei der Michael Kors Access Grayson nicht genutzt. Für Einrichtung und Betrieb wird somit lediglich die Android-Wear-App benötigt, die für Android (ab Version 4.3) und iOS (ab Version 9) angeboten wird.

Der Rest entspricht dem, was man von Android Wear 2.0 kennt. Vorinstalliert sind die wichtigsten Applikationen wie Google Fit, Wetter, Kalender, Erinnerungen und Telefon. Zusätzliche Programme lassen sich dank Google-Play-App direkt über die Smartwatch beziehen, auch für das Beantworten von Nachrichten muss nicht zum gekoppelten Handy gegriffen werden. Als sehr hilfreich entpuppt sich schnell der Google Assistant, der über einen langen Druck auf die Krone gestartet wird. Die Reaktionszeiten des Helfers sind kurz und die Darstellung gut an das runde Display der Grayson angepasst.

Doch so flexibel ausgereift Android Wear inzwischen auch ist, unter dem lückenhaften App-Angebot leidet auch - und vor allem - die Grayson. Denn sieht man einmal von Fitness-Apps ab, fehlen viele populäre Android-Anwendungen. Zudem fehlt ein einheitliches Konzept: Einige Apps können direkt über Google Play auf der Smartwatch installiert werden, andere erfordern hingegen zunächst die Installation der Smartphone-Version und anschließend zusätzlich die Installation auf der Uhr. Komfortabel ist das nicht, hier sind Apple und Samsung deutlich weiter.

Fazit

Vergleicht man die ersten, 2014 auf den Markt gekommenen Smartwatches auf Basis von Android Wear mit der Michael Kors Access Grayson, könnten die Unterschiede größer nicht ausfallen. Aus dem Nerd-Spielzeug ist ein ernsthaftes Mode-Accessoire geworden. Das ist aber weniger Google als vielmehr Herstellern wie Fossil zu verdanken. Diese haben es verstanden, Mode und Technik in Einklang zu bringen - etwas, an dem Apple, Samsung und andere immer noch arbeiten.

Allerdings hat man bei der Grayson die goldene Mitte zwischen Form und Funktion nicht erreicht. Dem Michael-Kors-Stil und -Anspruch hat man Dinge geopfert, die den eher technisch oder Praxis-Orientierten vom Kauf abhalten dürften. Sieht man einmal vom scharfen Display ab, fällt die Hardware nur durchschnittlich aus - gleiches gilt für die Akkulaufzeit. Der Einsatz beim Sport scheitert nicht nur an Größe und Gewicht der Smartwatch, sondern vor allem an den fehlenden Sensoren und der nicht immer überzeugenden Genauigkeit der Schrittzählung; Abweichungen von 20 % gab es im Test häufiger.

Wer hingegen in erster Linie nach einer Uhr, die mehr zur Abendgarderobe als zum Sport-Dress passt und über etwas Intelligenz verfügt, sucht, dürfte mit der Michael Kors Access Grayson die richtige Wahl treffen. So dicht an einem klassischen Chronographen war bislang kaum eine Smartwatch - selbst die Samsung Gear S3 kann hier nicht mithalten.

Mit unverbindlichen 369 Euro lässt man sich dies aber auch gut bezahlen. Wer auf das Edelstahlarmband verzichten kann, erhält für 299 Euro Varianten mit Silikonarmband. Ist Android Wear keine zwingende Voraussetzung, könnte die Hybrid-Version der Grayson eine Alternative sein. Mit 299 Euro inklusive Lederarmband und 349 Euro inklusive Edelstahlarmband fallen aber auch diese Modelle alles andere als günstig aus.

Positive Aspekte der Michael Kors Access Grayson:

  • scharfes Display
  • hohe Verarbeitungsqualität
  • handelsübliche Armbänder können genutzt werden

Negative Aspekte der Michael Kors Access Grayson:

  • NFC-Unterstützung fehlt
  • lückenhafte Sensoren-Ausstattung
  • Schrittzähler mit teils größeren Abweichungen
Quellen und weitere Links

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