Sehr eindrucksvoll und überzeugend. Die aufnahmen vom inneren des ehemaligen Reaktors vorallem.
Nicht das der falsche Eindruck entsteht. Das hier ganz gute Aufnahmen aus dem Einschluß zu sehen sind - unbestritten. Auch stilistisch gibt es hier gar nichts zu bemängeln. Eigentlich eine solide Arbeit, wenn das Wörtchen wenn da nicht wäre und das bringt mich wirklich "auf die Palme".
Ich komme also zu dem Schluß, dass hier ein schneller Aufreißer gesucht wurde. Im Endeffekt sehe ich die Doku sogar als gefährlich an, kommt sie doch zu dem Schluß, dass ein erneuter Einschluß nicht notwendig ist.
Deswegen schreibe ich jetzt auch nochwas dazu, weil es in mir tatsächlich brodelt. Ich weiß, dass ich mich schon dazu geäußert habe, aber es hält mich an der Stelle einfach nicht mehr. Vielleicht weil ich mich gerade so intensiv damit beschäftigt habe und mir, bei allem Interesse für den technischen Ablauf, natürlich auch die menschliche Komponente sehr nahegeht. Das geht gegen niemanden hier, sondern bezieht sich auf die "Macher", die es durchaus gekonnt schaffen, einen seriösen Eindruck zu hinterlassen. Vor allem für jemanden (und das wird die Mehrzahl der Zuschauer dieses Doku sein), der sich mit der Havarie nie wirklich tief auseinandergesetzt hat. Das ist kein Vorwurf, so ist das natürlich bei fast jeder Doku, die eben einen breiten Personenkreis ansprechen soll.
Mit der Doku wird zunächst der Eindruck erweckt, die beiden würden da jetzt über verwunschene Pfade wahnsinnig neue Erkenntnisse zu einer großen Verschwörung sammeln. Tatsächlich sind die Wege, die die beiden dort gingen, schon hunderte Male im Rahmen der regelmäßigen Erkundungen abgeschritten worden. Die Bohrkerne für den Einblick in den Schacht sind ebenfalls schon vor langer langer Zeit entstanden.
Erstaunlich dann -wie schon erwähnt- das offenkundig präsentierte Erstaunen Herrn Pflugbeils über den leeren Reaktorschacht und vor allem sein Kommentar dazu. Das ist traurig und macht mich an der Stelle unglaublich wütend. Weiß er es wirklich nicht besser? Kaum vorstellbar, denn -wie ebenfalls schon gesagt- selbst mir war das schon lange vor der Doku bekannt. Entweder gehöre ich also auch zur Verschwörung und bekomme Geld für mein Geschreibsel hier, oder es wird wirklich merkwürdig. Übrigens war ja der Kernbrennstoff nicht nur in der aktiven Zone, sondern es lagerten etwa 20t im Abklingbecken...die also auch von geisterhand verschwunden? Natürlich gibt es auch eine gewisse Unbekannte, so daß eine *ganz genaue* Angabe der Menge nicht möglich ist. Denn einige Räume wurden ja auch verfüllt oder die Zugänglichkeit ist nicht gegeben.
Ich verweise noch einmal auf
http://insp.pnl.gov/-library-uk_ch_1-1.htm bitte etwas Geduld haben, bis alle Bilder da sind.
UK_CH_321-330 zeigen die Subreaktorregion mit dem Störfalllokalisierungssystem (Dampfverteiler, Verteilerkorridor, Naßkondensator) in einem Zustand vor der Havarie (die Aufnahmen sind aus Block 3). Die Lava, vermengt mit Strukturmaterialien (es wurde ja auch einiges von oben abgeworfen) ist der Schwerkraft folgend nach unten geflossen. Der Reaktorschacht verblieb leer, das Graphit verbrannte fast vollständig (in der Doku sind einige Blöcke mit der Lochbohrung auf den Aufnahmen des Schachtes noch zu sehen).
Ein beachtlicher Anteil des Kernbrennstoffes befindet sich jetzt also im unteren Bereich der Anlage. Das sauge ich mir nicht aus den Fingern, sondern ist ja prima -sogar sichtbar- belegt. Fotomanipulation, schon Jahre vor der Doku, die auch nur für den deutsch- französischen Einzugsbereich ausgelegt ist?
Siehe eben UK_CH_362-367 (Dampfverteiler), UK_CH_370-372 (Naßkondensator, dessen Wasservorlage aus genau diesem Grund rechtzeitig abgelassen wurde).
Ich finde es von diesen beiden Herren ziemlich dreist, diese Erkenntnisse außen vorzulassen. Herr Pflugbeil hätte sich schon ein wenig mit der Anlage beschäftigen können, noch schlimmer, wenn er es getan hätte. Schön in Szene gesetzt haben die beiden sich aber. Vor allem Herr Tschetscherow muß sich am Ziel seiner Wünsche wähnen. Endlich nimmt ihn jemand ernst, nachdem er gemerkt hat, dass seine erste Theorie über die angebliche Sprengung (!) von Block 4 (von diesem geistigen "Ausfall", war natürlich in der Doku keine Rede mehr) wohl selbst keinem Laien im Ansatz zu vermitteln war.
Dann vielleicht noch zu den zurückgehaltenen Daten. Gerade im Zuge des Zerfalls der Sowjetunion ist bezgl. des Ablaufs der Havarie nichts im dunkeln geblieben. Da wurde das genaue Gegenteil einer Verschleierung betrieben. Damit will ich nichts gutheißen, denn das wiederum genaue Gegenteil ist mit Erkenntnissen über das Ausmaß der Havarie geschehen, was man sehr gut an den offiziellen Opferzahlen sieht. Aber der technische Ablauf, das wie und warum ist defintiv geklärt und gut (!) dokumentiert.
An der Stelle sollte man sich auch vor Augen halten, dass der Kern des RBMKs kurz vor der Havarie keinesfalls in einem homogenen Zustand war. Das belegen die Werte, die der SKALA Rechner noch kurz vorher ausgegeben hat. Ich will mich nicht, wie in meinen anderen Beiträgen, in Details verlieren, aber die eigentliche Leistungsexkursion fand in einem Teilbereich des gewaltigen Kerns statt. Auch das ist wichtig, um zu verstehen, was eigentlich passierte und was freigesetzt wurde.
Zur Veranschaulichung der Geschehnisse, die bereits kurz nach der Leistungsexkursion und der Zerstörung des Blockes stattfanden, ist dieses Dokument wie gesagt sehr geeignet:
http://www.grs.de/module/layout_upload/half_an_hour_after_the_beginning_of_the_accident.pdf
wer ein auführlicheres Dokument sucht, wird hier fündig, weil hier noch diverse Meßreihen mitaufgeführt werden; zusätzlich sind die emmitierten Anteile tabellarisch aufgeführt.
http://www.rri.kyoto-u.ac.jp/NSRG/reports/kr79/kr79pdf/Pavlovych.pdf
Auch wenn es auf dem Server der GRS (was an sich auch gar nichts schlimmes ist, auch Herr Pflugbeil war ihr lange verbunden, daher vielleicht auch jetzt die Abrechnung) liegt, so hat sie es ja nur referenziert. Es ist -im Vergleich zu anderen Dokumenten- ziemlich anschaulich und komprimiert, basiert auf der Auswertung von Daten, die bis 2004 gesammelt wurden.
Ein Ausschnitt zeigt einen Teil der Lavaflüsse ganz gut:
(im oberen Bereich noch ein Teil des hochgeschleuderten und gekippten biologischen Schildes, darunter der leere Schacht, begrenzt durch die seitlichen Schilde, in rot dann die Lavaflüsse, welche sich vom Dampfverteilungskorridor bis in den Bereich des Naßkondensators erstrecken, dessen zweite Ebene hier noch zu sehen ist)
das läßt sich auch wunderbar mit den Fotos, Messungen und den Berichten der involvierten Menschen abgleichen. Eine riesige Verschwörung, die alle zur damaligen Zeit anwesenden Personen einbezieht, ist mehr als unwahrscheinlich. Die sind ja keinesfalls auf Schmusekurs gegangen, und schwärmen davon wie toll das damals alles war. Nein, sie haben sogar mit ihrer Gesundheit bezahlen müssen.
Im Endeffekt muß natürlich jeder seine eigene Meinung bilden, aber mich ärgert es einfach, dass Herr Tschetscherow nun in einer ZDF/ ARTE Produktion ein Sprachrohr gefunden hat und damit gerade die beim Bau des Einschlußes beiteiligten Personen und alle bisherigen Erkenntnisse, die unter teils schrecklichen Bedingungen gebildet wurden, diskreditiert.
Wer keine Lust hat, sich durch die Dokumente zu wühlen, dem habe ich hier mal die Lavaverteilung herauskopiert - auch hier bitte mit den Bildern in der verlinkten Gallerie (=> Dampfverteiler, Naßkondensator) vergleichen:
Gruß
Denis