Moment. Man kann nicht über DX10 diskutieren, ohne die wesentlichen Aspekte des Konzepts zu berühren, das zu DX10 und den technisch abenteuerlichen Behauptungen über DX10 führen, zu streifen.
DX10 stellt Kernfunktionen der Multimedia-API unter die zukünftige Kontrolle durch Aussenstehende. Das geht aus den technischen Erläuterungen eindeutig hervor, in denen die Einführung neuer Geschäftsmodelle im Zusammenhang mit der Einbindung von DRM unterstrichen wurde.
Mit Next Gen Grafik oder Geschwindigkeitszuwächsen hat das ja nun erstmal gar nichts zu tun. Nun kann man sich ja fragen, ob DX10 schneller sein könnte, aber das ist in etwa so sinnvoll, wie die Frage, ob RFID-Chips Olympia-Läufer schneller machen.
Technisch ist die Frage absurd. Rendering-Hardware anzusteuern ist ein quantifizierbarer algorythmischer Aufwand. Der kann bei gleichen 3D-Funktionen nicht signifikant sinken. Wenn überhaut, dann kann er das nur durch andere Hardware. Erst wenn andere Hardwarefunktionen mit mehr Leistung und mehr Effizienz hinzukommen, gewinnt man an Geschwindigkeit.
Voraussetzung wäre, daß bisherige Funktionen unzureichend wären. Das aber kann man nach etlichen Jahren der Entwicklung nahezu ausschliessen. Wo soll also ein Tempovorteil herrühren? Zumal ihn noch niemand je gesehen hat.
Von geringfügigen Optimierungsgewinnen im Bereich einstelliger Prozentzahlen hat niemand einen nennenswerten Vorteil. Man merkt von so geringen Unterschieden ja nichts.
DX10 und seine Nachfolger können neue Funktionen enthalten, die Spieleentwicklern neue Optionen oder geringeren Entwicklungsaufwand bringen. Um damit signifikante Qualitätsgewinne einzuführen, bräuchte es schnellere Hardware, denn die aktuellen Geräte sind bei aktueller Grafik schon an den Grenzen ihrer Fähigkeiten angelangt.
Mehr Tempo durch DX10 gehört ebenso wie die unrealistischen Bilder aus den Ankündigen zu einer Marketingkampagne, die einen illegalen Zugriff auf das Eigentum der Benutzer überdecken und schmackhaft machen sollen.
Das ist ja nicht das erste Mal, das MS mit illegalen Eingriffen in die Software den Abverkauf nicht MS gehörender Ressourcen zu etablieren versucht. Ich erinnere daran, daß mit dem IE6 versucht wurde, Webmaster um ihre Werbeeinkünfte zu prellen, indem browserseitig heimlich Werbebanner gegen gleichgroße Banner ausgetauscht wurden, sodaß MS Werbeeinnahmen mit Einblendungen erzielte, die durch diesen HiJack zustandekamen.
DX10 soll nun Spieleherstellern ermöglichen, die Lizenzen für bereits verkaufte Inhalte jederzeit zu widerrufen, und durch die von MS technisch ermöglichte Ausserbetriebnahme der betreffenden Software neue Umsätze zu generieren. Das IST DX10, und ich sehe nicht, was daran Off Topic sein soll.
Die API-Erweiterungen von DX10 haben in erster Linie den Zweck, eine technische Abhängigkeit der Software von DX10 einzuführen, die den Start derselben mit DX9 unmöglich macht.
Reine DX10-Anwendungen können natürlich vom Shader-Modell 4 profitieren. Damit können gleiche Ergebnisse sogar tatsächlich schneller gerendert werden. Reine DX9-Anwendungen werden damit natürlich nicht schneller.
Shader-Modell 4 hätte einen DX9-Nachfolger notwendig gemacht. Der ist nun an ganz anders strukturierte Veränderungen gebunden worden, um die Option eines neuen Geschäftsmodells offen zu halten.
Die Ergänzung von DX9 um Shader-Modell 4 einzuführen, mithin ein DX10 unter XP wäre technisch möglich, würde aber diese Option nicht enthalten können, weil DRM in XP nicht in gleicher Weise in das System integriert ist.
Wir wissen natürlich nicht, ob dieses Geschäftsmodell je erfolgreich am Markt etabliert werden kann, weil völlig unklar ist, ob es nicht an US-Gerichten scheitern wird, die MS solche Spielchen i.d.R. nicht durchgehen lassen.
Fazit: Man muß anders fragen. Ist Shader-Modell 4 schneller als Shader-Modell 3, und die Antwort lautet: Bei Funktionen, die mit Shader 3 praktisch nicht mehr realisiert werden können schon, sonst weniger. Ist Shader-Modell 4 von einem bestimmten Systemkernel abhängig? Selbstverständlich nicht. Wäre eine API-Erweiterung eines anderen Herstellers technisch möglich, um Shader-Modell 4 auf jedem System einzuführen. Ja, selbstverständlich. Der Aufwand hielte sich in Grenzen. So ein Projekt ist mit vier bis fünf Mannjahren professionell zu bewältigen. Ich fange das aber jetzt, mit 47, und kurz nach Chemotherapie und Herzinfarkt nicht mehr an.
PS Ob Vista oder XP ist mir fast egal. Darum geht es mir nicht. Ich möchte nur den technischen und unternehmerischen Hintergrund erhellen, weil er eben meist in den Hintergrund gerät. Ändern können wir an der Lage leider eh nicht viel. Sobald die Spielehersteller überwiegend auf dem Zug aufgesprungen sind, gucken wir so dumm, wie damals die letzten Amiga-User als Sierra und co. das Lager wechselten.