Nach etwas offline-Zeit habe ich mich hier mal durchgewühlt.
Insbesondere zu den 50.000 verschobenen OPs wundere ich mich doch sehr, mit welcher Absolutheit das hier z.T. verteufelt wird. Sogar im RP-Artikel, der mit dem Interviewpartner "Stiftung Dt. Krebshiilfe" natürlich eine klare Message rüberbringen will, steht, dass es ein "schätzungsweise ein Viertel der OPs" betrifft. Werden die da wohl die dringendsten Fälle aufschieben, oder vielleicht doch eher die mit dem überschaubarsten Risiko?
Kann natürlich trotzdem sein, dass Krankenhäuser verwerflicherweise auch (zusätzlich) nach Lukrativität der OPs filtert, aber es ist ganz sicher nicht so, dass (potentiell) 50k verschobene OPs gleichzusetzen sind mit "50k geopferte Krebspatienten".
Generell so zu tun, als hätte sich das ganze (Krankenhaus-)Leben seit März Corona untergeordnet, ist jedenfalls einfach albern - alles was dringend ist wird nach wie vor versorgt (so gut es eben im Rahmen des immer weiter privatisierten und zusammengesparten Gesundheitssystems noch möglich ist - aber auch da jammern wir im globalen Maßstab auf hohem Niveau).
Nur als Anekdoten aus meinem pers. Umfeld:
1) Mein Schwiegervater hatte eine Augen-OP, die sicher nicht lebenswichtig war, aber nach erster 4-wöchiger Verschiebung dann Mitte Mai gemacht wurde.
2) Meine Oma hatte schon ewig eine Platte im Fuß (nach Bruch) und war jetzt quengelig, dass die nun nach Jahren auf einmal drücken würde. Mein Oma neigt etwas zur Hypochondrie, ist Ende 80 und sicher kein Hochdringlichkeits-Patient - das wurde nach ca. einem Monat Wartezeit Ende April gemacht.
3) Gleiche Oma hat sich, wegen recht unspezifischen Magenbeschwerden, im Mai in einer Klinik (mit einem großen Krebszentrum als Schwerpunkt) eine Woche lang untersuchen lassen und letztlich darauf gedrängt/bestanden, dass ihr der Blinddarm entfernt wird, nur weil einer der Ärzte mal am Rande erwähnt hat, dass es bei einem geringen Prozentsatz der Fälle damit zu tun haben könnte. Medizinisch sicher total unsinnig, aber trotzdem nicht "wegen Corona" abgesagt.
4) Die Frau eines Kollegen hatte letztes Jahr erfolgreich eine Chemo hinter sich gebracht (Lymphdrüsenkrebs, glücklicherweise im frühen Stadium bemerkt). Die wurde auch letztes Jahr schon 2x operiert und hatte diesen Mai eine Art "Nachsorge-OP", die eher kosmetischer Natur war als wirklich notwendig.
Die dt. Krebshilfe sagt ja auch nicht wirklich was dazu, ob von den 50k verschobenen OPs mittlerweile nicht vielleicht schon 30k nachgeholt wurden. Dass die aufgeschobenen Nachsorgetermine evtl. Langzeitfolgen zeigen werden, die "Bugwelle", von der im Artikel geredet wird, kann natürlich sein, aber da würde ich mal so viel Vertrauen in die Ärzteschaft vorschießen, dass da tatsächlich nur die unkritischsten Sachen geschoben wurden.
Auch bleibt etwas diffus, ob die wirklich nur von OP-Zahlen reden (und das auch noch schätzungsweise, oder ob sie die Nachsorge und sonstige "Nicht-OP-Termine" nicht einfach gleich mit reingerechnet haben).