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Samsung Gear S2 und Gear S2 classic im Test

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Schon fünfmal hat Samsung versucht, die Masse von seinen Wearables zu überzeugen. Experimente hat man dabei nicht gescheut, wie ein Blick auf die Unterschiede der einzelnen Gear-Modelle belegt. Mit dem sechsten Modell beschreitet man nun erneut einen neuen Pfad. Denn erstmals setzt man auf ein rundes Display. Ob dies reicht, damit sich die Gear S2 und Gear S2 classic an die Spitze setzen können, zeigt der Test.

Denn ob Apple mit der Apple Watch die selbstgesteckten, aber nicht offen kommunizierten Ziele erreicht hat oder nicht: Selbst die pessimistischsten Annahmen zeigen, dass man auf Anhieb die Marktführerschaft übernommen haben dürfte. Allerdings dürfte Samsung dies nur am Rand beschäftigen. Denn anders als Android-Wear-basierte Uhren sind die Tizen-Neulinge nicht im Zusammenspiel mit einem iPhone nutzbar. Und davon, dass Verbraucher die Wahl der Smartphone-Plattform von einem Wearable abhängig machen, dürfte man noch weit entfernt sein. Geöffnet hat Samsung sich aber dennoch. Denn als erstes eigenes Modell können die Gear S2 und Gear S2 classic auch mit Android-Geräten anderer Hersteller eingesetzt werden, der Markt ist somit beinahe so groß wie für Android Wear. Smartwatch-Interessierten mit LG-, HTC- oder Sony-Handy steht somit eine weitere Alternative zur Wahl.

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Gear S2 oder Gear S2 classic?

Ob man am Ende zur Gear S2 oder Gear S2 classic greift, ist lediglich eine Frage des Geschmacks. Denn die Unterschiede zwischen beiden Modellen sind rein kosmetischer Natur. Die Gear S2 ist die sportlichere Variante, bei der man auf ein eher nüchternes Design setzt. Anders hingegen bei der Gear S2 classic. Hier vertraut Samsung auf eine filigranere Optik, diese Version kommt einer klassischen Armbanduhr sehr viel näher.

  Samsung Gear S2 Samsung Gear S2 classic
Display 1,2 Zoll, 360 x 360 Pixel, Super AMOLED
Akku 250 mAh
Maße (Gehäuse, in mm) 49,8 x 42,3 x 11,4 43,6 x 39,9 x 11,4
Gewicht 47 g (mit Armband) 42 g (mit Armband)
Sensoren Beschleunigungssensor, Pulsmesser, Helligkeitssensor, Lagesensor
Arbeitsspeicher 512 MB
Interner Speicher 4 GB
Material Gehäuse Edelstahl, Glas, Kunststoff
Material Armband Elastomer Leder
Produktseite www.samsung.de

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Zwei Auswirkungen hat diese Abweichung aber. Während man beim classic-Modell auf handelsübliche Armbänder mit einer Breite von 20 mm ausweichen kann, stehen bei der Standardversion lediglich Alternativen mit proprietärem Anschluss zur Auswahl. Zudem ist das Gehäuse der Gear S2 minimal größer und 5 g schwerer.

Technik mit vielen Parallelen

Im Innern der 42,3 x 49,8 x 11,4 respektive 39,9 x 43,6 x 11,4 mm großen Hülle (Gear S2/Gear S2 classic) herrscht Einigkeit. Samsung setzt in beiden Modellen auf den eigenen Exynos 3250. Der Zweikerner basiert auf ARMs Cortex-A7 und erreicht einen Maximaltakt von 1 GHz. Dem CPU-Part zur Seite steht eine Mali-400-MP2, die mit bis zu 400 MHz auskommen muss; die MP4-Variante kennt man unter anderem aus dem Galaxy S5 Mini. Gefertigt wird der SoC in 28 nm, die modernsten Samsung-Chips kommen mit der halben Strukturbreite aus. Hinsichtlich der Anzahl der Kerne und der Taktraten bleibt man hinter Qualcommss in Android-Wear-Uhren omnipräsentem Snapdragon 400 (vier Kerne, bis zu 1,2 GHz) zurück. Hinsichtlich der Speicherbestückung geht Samsung aber die gleichen Wege wie die Konkurrenz. Denn auch die eigenen Neuheiten können auf 512 MB RAM und 4 GB internen Speicher zurückgreifen. Von letzterem steht dem Nutzer allerdings nur rund die Hälfte zur Verfügung, genutzt werden kann dieser aber nicht für Applikationen, sondern auch für Musik.

Die Technik ist identisch, auch das Design etwas anderes suggeriert

Die Technik ist identisch, auch das Design etwas anderes suggeriert

Für die Kommunikation mit der Smartwatch verantwortlich ist das Funkmodul. Dieses bietet neben Bluetooth 4.1 auch WLAN (802.11n), womit der Betrieb der Uhren nicht von der geringen Bluetooth-Reichweite abhängt. Die ebenfalls verbaute NFC-Lösung ist in Europa noch weitestgehend überflüssig. Denn in erster Linie sieht Samsung dies für den eigenen Zahlungsdienst Samsung Pay vor, der aber nicht nur hierzulande noch nicht verfügbar ist. Ein UMTS-Modem ist den 3G-Konfigurationen der Gear S2 vorbehalten, eine Markteinführung in Europa ist derzeit aber nicht geplant. Zu den weiteren im Gehäuse platzierten Komponenten gehören ein Vibrationsmotor, ein Mikrofon sowie die üblichen Sensoren wie Beschleunigungs- und Lagemesser, ein Pulsmesser und ein Barometer.

Einen GPS-Empfänger gibt es hingegen nicht, was vor allem angesichts der sportlicheren Gear S2 irritiert. Denn gerade bei Sportarten wie Laufen oder Fahrradfahren könnte die Streckenermittlung so auch ohne verbundenes Smartphones präziser ausfallen. Ebenfalls nicht vorhanden ist ein Lautsprecher, womit die Smartwatch anders als beispielsweise die Apple Watch nicht als Telefonersatz genutzt werden kann. Damit ist man auf das Annehmen oder Ablehnen von eingehenden Anrufen beschränkt.

Hinter dem Boden mit Pulsmesser verbergen sich unter anderem ein Dual-Core-SoC und ein WLAN-Modul

Hinter dem Boden mit Pulsmesser verbergen sich unter anderem ein Dual-Core-SoC und ein WLAN-Modul

Das letzte wichtige Bauteil ist der Akku. Mit 250 mAh fällt dessen Kapazität selbst für eine Smartwatch vergleichsweise gering aus. Dessen Wiederbefüllung erfolgt drahtlos im mitgelieferten Dock. Wie oft zu diesem gegriffen werden muss, hängt wie bei fast allen Smartwatches von der Art der Nutzung ab. Bei mittlerer Helligkeit und nicht permanent aktiviertem Display konnten bei mäßigem Messen des Pulses knapp drei Tage Laufzeit (etwa 66 Stunden) erreicht werden. Der Einsatz bei höchster Helligkeitsstufe mindert diesen Wert um circa sechs Stunden. Deutlich größer werden die Einbußen, wenn der Puls häufiger gemessen oder die Trainingsüberwachung häufiger genutzt wird. Im schlimmsten Fall muss die Uhr dann nach weniger als einem Tag wieder geladen werden. Nicht viel besser sieht es bei mäßiger Nutzung und permanent aktiviertem Display aus: Im Idealfall kommt die Gear S2 so gut einen Tag mit einer Akkufüllung aus.

Kleines Display mit täuschender Automatik

Den nach oben hin schließenden Abschluss bildet das Display. Das Super-AMOLED-Panel bietet einen Durchmesser von 1,2 Zoll, womit die Gear S2 einer der kleinsten Vertreter mit runder Anzeige ist. Die neue Moto 360 bietet je nach Variante 1,37 bis 1,59 Zoll. Die Watch Urbane kommt auf 1,38 Zoll. Mit 360 x 360 Pixeln bietet man immerhin eine durchschnittliche Pixel-Dichte, die auf einem Niveau mit der Apple Watch liegt. Im Allgemeinen reicht dies für eine scharfe Darstellung aus, lediglich bei genauerem Hinsehen oder sehr feinen, sich bewegenden Elementen wie einem Sekundenzeiger lassen sich Treppeneffekte erkennen.

Das Display fällt mit 1,2 klein aus, die Auflösung liegt mit 360 x 360 Pixeln im Mittelfeld

Das Display fällt mit 1,2 klein aus, die Auflösung liegt mit 360 x 360 Pixeln im Mittelfeld

Die Helligkeit der Anzeige lässt sich in insgesamt zehn Stufen variieren, zudem verspricht ein Umgebungslichtsensor eine automatische Justierung. Allerdings wird das Versprechen nicht wie gedacht eingehalten. Denn eine entsprechende Option fehlt, was den Nutzen stark schmälert. Einzig in sehr hellen Umgebungen wird der Sensor aktiv. Sehr viel nutzt dies aber nicht, auch auf höchster Stufe werden lediglich rund 220 cd/m² erreicht. Bei direkter Sonneneinstrahlung ist das Display nicht mehr ablesbar.

Dank Super AMOLED fallen Kontrast und Blickwinkelstabilität hervorragend aus, die Helligkeit enttäuscht hingegen

Dank Super AMOLED fallen Kontrast und Blickwinkelstabilität hervorragend aus, die Helligkeit enttäuscht hingegen.

Nur wenig besser sieht es bei der Farbkalibrierung aus. Mit rund 7.800 Kelvin werden weiße Flächen mit einem klaren Blaustich verfälscht. Dafür gefallen immerhin die dank AMOLED-Technik kräftigen Farben.

Schlicht oder elegant? Leder oder Kunststoff?

Beim Gehäuse zeigt sich Samsung äußerst konservativ. Zum Einsatz kommen überwiegend Edelstahl und Gorilla Glass, einzig den Boden fertigt man aus Kunststoff – abgesehen von den bereits beschriebenen Design-Unterschieden gibt es hier zwischen Gear S2 und Gear S2 classic keine Abweichungen. Welcher Optik man am Ende den Vorzug gibt, ist aufgrund der identischen Ausstattung eine Frage des eigenen Geschmacks. Auch die Verarbeitungsqualität hilft bei dieser Entscheidung nicht. Beide Modelle bewegen sich diesbezüglich auf einem sehr hohen Niveau, die einzige negative Auffälligkeit ist der spür- und sichtbare Übergang zwischen Boden und restlichem Gehäuse.

Der wichtigste Unterschied: Bei der Gear S2 setzt man auf ein Leder-Armband, beim Standardmodell auf Elastomer

Der wichtigste Unterschied: Bei der Gear S2 setzt man auf ein Leder-Armband, beim Standardmodell auf Elastomer

Ansonsten leistet Samsung sich keinen Fehler, auch die drei Steuerelemente – zwei Tasten am rechten Rand sowie die drehbare Lünette – sind optimal integriert. Ebenfalls nichts zu bemängeln gibt es beim Tragekomfort, vor allem aufgrund des gut angepassten Bodens. Aufgrund der Größe lassen sich Gear S2 und Gear S2 classic auch mit dünneren Handgelenken gut tragen, das mitgelieferte kürzere Armband erweist sich dabei als vorteilhaft; gleiches gilt für das vergleichsweise geringe Gewicht.

Die Bedienelemente auf einen Blick: Drehbare Lünette, Home- (links) und Zurück-Taste

Die Bedienelemente auf einen Blick: Drehbare Lünette, Home- (links) und Zurück-Taste

Eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Wahl des richtigen Modells sollten die Armbänder spielen. Denn während Samsung der classic-Variante solche aus Leder beilegt, kommen beim Standardmodell je nach Gehäusefarbe weiße oder schwarze aus Elastomer zum Einsatz. Erstere sind deutlich eleganter, letztere hingegen besser für schweißtreibende Aktivitäten geeignet. Qualitativ können beide Varianten überzeugen, beim Elastomer-Band des Testmusters war die Schließe leichtgängiger. Darüber hinaus dürfte dieses den Einsatz in feuchten Gebieten auf lange Sicht besser überstehen. Zwar sind beide Versionen der Gear S2 gemäß IP68 vor dem Eindringen von Wasser und Staub geschützt, das Lederarmband der classic-Uhr zeigte aber schon nach wenigen Tagen die für dieses Material typischen Nutzungserscheinungen.

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