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GPE-01

Neues Graphen-Wärmeleitpad soll besser als Flüssigmetall sein

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Neues Graphen-Wärmeleitpad soll besser als Flüssigmetall sein
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Seit einigen Tagen macht ein Video zu einem Graphen-Wärmeleitpad die Runde, welches wahre Wunder verspricht und den Markt für Wärmeleitpads und andere Übergangsmaterialien wie Wärmeleitpasten und sogar Flüssigmetall auf den Kopf stellen soll. Das als GPE-01 bezeichnete Wärmeleitpad verwendet Graphen. Ein solches Wärmeleitpad besteht aus mehreren Lagen von Graphen oder Graphen-Verbundmaterialien, die zu einem dünnen, flexiblen Pad verarbeitet sind. Die Graphenschichten sind dabei so ausgerichtet, dass die hohe Wärmeleitfähigkeit in der Ebene optimal genutzt wird. Um eine gute Anpassung an unebene Oberflächen zu ermöglichen, ist das Pad oft mit einem weichen Polymer oder Silikon kombiniert.

Laut Video kommt das GPE-01-Pad dabei auf eine Wärmeleitfähigkeit von 130 W/m·K. Das inzwischen fast überall eingesetzte Honeywell PTM7950 kommt auf 8,5 W/m·K und in diesem Bereich bewegen sich klassischerweise auch die Wärmeleitpasten. Flüssigmetall hat eine Wärmeleitfähigkeit von etwa 20 bis 30 W/m·K.

Hersteller Coracer, was laut der Kollegen von Toms Hardware auch eine Untermarke des für solche Thermal-Interface-Materialien bekannten Herstellers Segotep sein könnte, wirbt einerseits mit der einfachen Handhabung. Das Graphen-Wärmeleitpad wird aus der Schutzhülle genommen und auf den Prozessor aufgelegt. Ein leicht klebriger Rahmen am Rand soll offenbar ein Verrutschen verhindern. GPE-01 gibt es für die Intel-Sockel LGA1851 und LGA1700 sowie den AM5 von AMD. Zudem soll das Wärmeleitpad wieder einfach zu entfernen sein – ohne dass dabei eine Wärmeleitpaste entfernt werden müsste.

Schlussendlich soll das Graphen-Wärmeleitpad GPE-01 bei einer Abwärme von 325 W eines Intel Core Ultra 9 285K für eine um 3 K geringere Package-Temperatur sorgen.

Nun muss man mit solchen Heilsversprechen in der Kühlung immer wieder – sei es im Design von Luft-, Wasser- oder besonderen, anderen Kühllösungen, vor allem aber bei Wärmeleitpasten und alternativen Materialen. Die vom Hersteller des GPE-01-Pads angegebenen 130 W/m·K für die Wärmeleitfähigkeit sind zunächst einmal nur eine theoretische Zahl, die in der Praxis aber von weiteren Bedingungen abhängig ist. Dies trifft auch auf den Wärmewiderstand zu.

Neben der Wärmeleitfähigkeit spielt die Dicke der verschiedenen Schichten (des Chips selbst, dem Thermal-Interface Material wie der Wärmeleitpaste, Flüssigmetall usw., des Heatspreaders und des Kühlers selbst) eine wichtige Rolle. Roman Hartung alias der8auer hat dazu erst vor wenigen Wochen ein interessantes Video veröffentlicht.

Thermal Grizzly will daher auch keine Werte für die Wärmeleitfähigkeit mehr angeben und spricht stattdessen nur noch über ein Temperatur-Delta, wenn man zwei Produkte miteinander vergleicht. Dies tut im Video allerdings auch Coracer für das GPE-01-Wärmeleitpad, wenngleich wir jetzt im Video nicht erkennen können, mit was hier verglichen wird. Eine Wärmeleitpaste mit der doppelten Wärmeleitfähigkeit bei gleicher Schichtstärke, kann ein Temperatur-Delta halbieren. Daher geht es bei einer Wärmeleitpaste auch immer darum die Schichtstärke so gering wie möglich zu halten und dennoch alle Unebenheiten ausgleichen zu können. Korngrößen in einer Paste und die Viskosität lassen sich über die verwendeten Materialen bestimmen und mit den Verhältnissen zueinander und den Korngrößen lässt sich spielen, aber nicht in einem beliebigen Umfang und so geht man davon aus, dass die Entwicklung bei den Wärmeleitpasten so langsam an eine Grenze kommt.

Kennzahlen der Materialien

Wärmeleitfähigkeit minimale Schichtstärke
Wärmeleitpasten 3 bis 5 W/m·K 10 bis 20 µm
Flüssigmetall 20 bis 30 W/m·K
1 bis 3 µm
Honeywell PTM7950 8,5 W/m·K 10 bis 20 µm
GPE-01 (Graphen-Pad) 130 W/m·K 300 µm

Wärmeleitpads wie das GPE-01 haben eine gewisse Dicke, was allein schon dafür sorgt, dass diese Dicke den Wärmeübergang erschwert. Eine doppelt so hohe Wärmeleitfähigkeit bei doppelter Schichtdicke, sorgt am Ende für das gleiche Ergebnis. Gute Wärmeleitpasten kommen auf Schichtstärken von 10 bis 20 µm. Flüssigmetall kommt auf 1 bis 3 µm. Wie dick das Graphen-Wärmeleitpad ist, ist hier also von entscheidender Bedeutung. 

Ohne jeden Zweifel haben Zweiphasen- und oder auch die Graphen-Wärmeleitpads ihre Vorteile. In den vergangenen Wochen und Monaten haben wir mit verschiedenen Grafikkarten-Herstellern darüber gesprochen, weshalb sie zunehmend auf Flüssigmetall, Phasenwechselmaterialien (PCM) und Thermal Putty setzen. Eine verbesserte Kühlleistung spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle – auch wenn in Marketingunterlagen mit geringfügig niedrigeren Temperaturen oder reduzierten Hotspot-Werten geworben wird.

Der zentrale Beweggrund für den Einsatz alternativer Materialien liegt in der angestrebten höheren Langzeitstabilität. Denn der sogenannte Pump-Out-Effekt stellt für sämtliche Hersteller ein bekanntes Problem dar, das regelmäßig in den RMA-Abteilungen behandelt wird.

Der Pump-Out-Effekt entsteht, wenn sich Wärmeleitpaste durch wiederkehrende Temperaturwechsel aus dem Spalt zwischen GPU und Kühlkörper herausdrückt. Ursache dafür sind unterschiedliche thermische Ausdehnungsraten der beteiligten Materialien, wodurch die Paste langsam zur Seite verdrängt wird. Besonders kritisch ist dies bei Pasten mit hohem Ölanteil oder geringer Viskosität, da diese schneller aus der Fuge austreten. Langfristig verschlechtert sich dadurch die Wärmeübertragung, was wiederum zu höheren Temperaturen führt. Einige Hersteller begegnen dem Problem mit speziell additivierten Pasten oder setzen direkt auf alternative Wärmeleitlösungen, um die Pump-Out-Anfälligkeit zu verringern.

Durch den Einsatz von PCM-Pads (Phase Change Materiel) oder Flüssigmetall kann der Pump-Out-Effekt nahezu eliminiert werden. Zwar ist auch Flüssigmetall nicht völlig immun, doch aufgrund seiner metallischen Struktur und der besseren Haftung an Oberflächen verbleibt es deutlich stabiler in der Kontaktzone. Einige Hersteller akzeptieren dabei sogar geringfügig höhere Temperaturen, um im Gegenzug Rückläuferquoten durch Pump-Out-bedingte Ausfälle zu senken. Thermal Putty wiederum kommt zum Einsatz, weil es im Gegensatz zu herkömmlichen Pads nicht so schnell austrocknet – auch hier steht die langfristige Zuverlässigkeit im Vordergrund. Aber damit hatte zumindest Gigabyte zuletzt größere Probleme, da je nach Einbaurichtung der Grafikkarte, das Putty nicht an Ort und Stelle blieb.

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