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Gestern und heute wurde von verschiedenen Stellen vermeldet, dass Volkswagen seine Produktion im Stammwerk in Wolfsburg teilweise einstellen müsse, da zu wenige Chips geliefert würden. Von Volkswagen heißt es zwar, noch seien genügend Teile da, allerdings "bereite man sich auf verschiedene Szenarien vor", so der Automobilhersteller.
Ursprung des Ganzen sind die Verwerfungen beim niederländischen Chiphersteller Nexperia. Die niederländische Regierung übernahm am 30. September mit dem "Goods Availability Act" die Kontrolle über das Unternehmen. Hintergrund waren massive Managementfehler von CEO Zhang Xuezheng, der versucht hatte, Nexperia-Gelder zur Stützung seiner privaten Chipfabrik zu missbrauchen und kritische Finanzverantwortliche entmachtet hatte. Am 7. Oktober suspendierte die Unternehmenskammer Zhang vom Amt und stellte die Stimmrechte des chinesischen Eigentümers Wingtech unter Treuhandverwaltung. Als Gegenmaßnahme verhängte China am 4. Oktober ein Exportverbot für in China produzierte Nexperia-Komponenten, das etwa 80 % der Endprodukte betrifft – ein besonders schwerer Schlag, da rund 70 % der Nexperia-Produktion aus dem Werk in Dongguan stammen.
Wie Ex-CEO Zhang Xuezheng sein Unternehmen und überhaupt eine Unternehmung so hat führen können, ist fraglich. Der Manager erhielt bereits 2024 eine Geldstrafe von umgerechnet 970.000 Euro von der chinesischen Wertpapieraufsicht CSRC, weil er jahrelang Wertpapiertransaktionen an der Börse Shanghai verschleiert und heimlich mit zwei anderen Aktionären bei der Kontrolle seines Unternehmens Wingtech Technology zusammengearbeitet hatte. Bereits 2005 war Wing wegen Diebstahls von Geschäftsgeheimnissen seines früheren Arbeitgebers ZTE zu 17 Monaten Gefängnis und einer Geldstrafe von 50.000 Renminbi verurteilt worden. Die europäischen Vorstandsmitglieder von Nexperia waren über die Vergangenheit ihres chinesischen Eigentümers nicht vollständig informiert und erfuhren erst von diesen Vorgängen, als der Vorstandskonflikt in den vergangenen Wochen eskalierte.
Die Krise droht die europäische Automobilindustrie massiv zu treffen, da Nexperia ein wichtiger Lieferant von Halbleitern für Fahrzeugelektronik ist und etwa 60 % seiner Produkte an Autohersteller verkauft. Der deutsche Automobilverband VDA warnte am 20. Oktober vor erheblichen Produktionseinschränkungen bis hin zu Produktionsstopps, da die Lagerbestände nur noch für wenige Wochen ausreichen.
Deutsche Hersteller wie Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz sowie Zulieferer wie ZF und Bosch sind direkt betroffen. Während die niederländische Regierung intensive diplomatische Gespräche mit China führt, bleibt eine schnelle Lösung ungewiss. Nach der ersten große Chipkrise in der Corona-Zeit darf man sich die Frage stellen, wie die Unternehmen erneut in eine solche Abhängigkeit geraten sind. Nexperia ist mit einem Marktanteil von etwa 10 % nur ein kleiner Player und selbst hier sorgen Lieferschwierigkeiten für solch große Probleme bei den Abnehmern.
Volkswagen soll bereits Kontakt zur Arbeitsagentur aufgenommen haben. Das Thema Kurzarbeit und Ausgleich der Zahlungen steht hier im Raum. Allerdings darf man sich die Frage stellen, ob Volkswagen dies nicht hätte verhindern können und müssen, sollte es tatsächlich zu einem Produktionsstopp oder eine Reduzierung kommen.