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Roaming-Gebühren und Netzneutralität vor dem Aus

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Roaming-Gebühren und Netzneutralität vor dem Aus
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Bereits im kommenden Monat soll das Europaparlament die Weichen für weitreichende Veränderungen des europäischen Telekommunikationsmarktes stellen. Denn am 2. oder 3. April stimmen die Abgeordneten über Pläne ab, die nun vom Industrieausschuss des Parlements erarbeitet worden sind. Konkret geht es dabei um die drei Punkte Roaming-Gebühren, Netzneutralität und Ausbau des mobilen Internets.

Aus Sicht der Verbraucher am erfreulichsten dürften die angestrebten Veränderungen beim Roaming sein. Denn vorgesehen ist, dass diese Gebühren, die für Verbindungen innerhalb der EU in den vergangenen Jahren immer wieder gesenkt worden sind, bis zum 15. Dezember 2015 komplett entfallen. Dann würde die Handy-Nutzung im EU-Ausland nicht länger durch Zuschläge teurer als im Heimatland ausfallen. Anders als von der Europäischen Kommission zuletzt gefordert, soll es aber dennoch Ausnahmen geben. In bestimmten Fällen, so das Votum des Ausschusses, soll es den Anbietern auch dann noch erlaubt sein, zusätzliche Gebühren zu erheben, um die Unternehmen vor der „ungewöhnlichen oder missbräuchlichen Nutzung“ zu schützen. Wie diese Ausnahmen im Detail aussehen sollen, wurde jedoch nicht geklärt.

Weitaus gravierende Folgen für EU-Bürger dürften hingegen die geplanten Veränderungen hinsichtlich der Netzneutralität haben. Zwar sieht der Entwurf in diesem Punkt vor, dass Provider Dienste nicht länger künstlich verlangsamen oder blockieren dürfen, gleichzeitig soll ihnen jedoch das Recht eingeräumt werden, „Spezialdienste“ bevorzugt zu behandeln. Darunter sollen unter anderem Streaming-, aber auch Cloud-Dienste fallen. Die einzige Bedingung: Unter der Besserstellung derartiger Angebote darf die Übertragungsgeschwindigkeit anderer Nutzer nicht leiden. Damit könnten Internet-Anbieter mit Rückendeckung der EU Unternehmen, die dafür zahlen, im Netz besser als die Konkurrenz stellen. Zu guter Letzt sollen „Maßnahmen zum Blockieren oder Verlangsamen des Internets“ nur in Ausnahmefällen erlaubt sein, beispielsweise in Folge einer gerichtlichen Anweisung.

Für das mobile Internet wichtig werden könnten neue Regeln hinsichtlich der Vergabe und Nutzung bestimmte Frequenzbereiche. Hier soll es künftig einfacher werden, die entsprechenden Lizenzen zu vergeben und zu anderen zu überlassen. Entsprechende Investitionen sollen dann durch eine 25-jährige Vertragslaufzeit geschützt werden.

Insgesamt scheint sich die Industrie mit ihren Forderungen gegenüber den Verbraucherschützern und Verbraucher-orientierten Politikern durchgesetzt zu haben. Dafür spricht nicht nur die Hintertür, die man den Providern bei den Roaming-Gebühren bieten will, sondern vor allem die faktische Einleitung des Endes der Netzneutralität innerhalb der EU. Zwar klingt das angestrebte Verbot der künstlichen Verlangsamung von Übertragungsraten zunächst gut, das Bevorzugen bestimmter Dienste hat letztendlich aber genau diesen Effekt. Wenn Google beispielsweise für die Besserstellung von YouTube bezahlt, haben Konkurrenten wie Vimeo am Ende das Nachsehen - der Platz in der Leitung ist endlich. Abzuwarten bleibt, wie die erlaubten Ausnahmen hinsichtlich des aktiven Drosselns der Übertragungsraten gestaltet werden. Hier könnte sich gerade in Hinblick auf Pseudo-Flatrates etwas im Sinne des Verbraucher ändern. Insgesamt aber scheint der Bürger angesichts der geplanten Änderungen nicht wirklich der Gewinner zu sein.

Quellen und weitere Links

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