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WWDC 2013

Eine Keynote - Vier Meinungen

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Eine Keynote - Vier Meinungen
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Gestern Abend fand die Auftakt-Keynote zu Apples Entwickler-Konferenz WWDC statt. Apple hat nicht nur iOS 7 und OS X Mavericks vorgestellt, sondern auch seine MacBook-Air-Reihe erneuert und einen ersten Ausblick auf den neuen Mac Pro gegeben. In den kommenden Tagen wird nun sicherlich wieder heiß disuktiert werden, ob Apples Neuerungen wirklich der große Wurf sind. Auch Redaktionsintern gibt es natürlich die verschiedensten Meinungen dazu, was Apple richtig gemacht hat - und was ein Schuss in den Ofen ist.

Hier vier ungefilterte Meinungen unserer Redakteure dazu, was von Apples Ankündigungen zu halten ist:

Die hier veröffentlichten Kommentare stellen die Meinung des jeweiligen Redakteurs und nicht die der Redaktion dar.

 

Patrick Bellmer:

Was konnte man in den vergangenen Wochen nicht alles über Apple lesen: Zu lange hätte es keine neuen Produkte mehr gegeben, Tim Cook würde das Unternehmen nur noch verwalten statt es weiterzuentwickeln, iPhone und iPad würden selbst in der jeweils aktuellen Form im Vergleich zur Android-Konkurrenz altbacken wirken. Die meiste Kritik war und ist dabei durchaus treffend, auch als Nutzer muss man zuletzt das Gefühl gehabt haben, Apple Ruhe sich auf den Erfolgen der vergangenen Jahre aus und sei dabei träge geworden.

Doch mit der diesjährigen WWDC werde alles besser, so der Tenor der ewigen Optimisten. Und tatsächlich, zumindest in Teilen hat das geliebte oder gehasste Unternehmen aus Cupertino neuen Schwung bewiesen. Vor allem mit iOS 7 dürfte man für so manches erstaunte Gesicht gesorgt haben. Zwar wurde eine überarbeitete Optik erwartet, dass man aber große Teile des Betriebssystems derart umbauen und weiterentwickeln würde, dürfte eine große Überraschung geworden sein. Neues Multitasking, ein neues Control Center, neue Standard-Applikationen, neue Sharing-Funktionen, eine bessere Einbindung in Auto-Infotainmentsysteme: Apple scheint in den vergangenen Monaten viel Staub entfernt und Zeit investiert zu haben, um iOS auf die Höhe der Zeit zu katapultieren.

Natürlich hat man vieles davon schon an anderer Stelle gesehen, Android und webOS sind wohl nur zwei der Vorbilder gewesen. Aber: Ein Stück weit kopiert sich die gesamte Branche selbst, diesen Vorwurf müssen sich auch Google und Microsoft zu Recht von Zeit zu Zeit gefallen lassen. Ob die ganzen Neuerungen aber die iPhone- und iPad-Absatzzahlen wieder deutlicher steigern werden, wird man erst Ende des Jahres sehen. Zum einen, weil iOS 7 erst dann verfügbar sein soll, zum anderen, weil Apple es nicht geschafft hat, passende neue Hardware vorzustellen oder zumindest anzudeuten. Und dies, obwohl iOS für Apple schon seit geraumer Zeit deutlich wichtiger als OS X ist, die Zeitverteilung am gestrigen Abend bestätigte dies erneut.

Zwar wurde erwartungsgemäß auch OS X 10.9 vorgestellt, wirklich revolutionäres gab es hier aber nicht zu sehen. Mavericks, so der nach etlichen Wildkatzen etwas ungewohnt klingende Name, wird zwar auch an zahlreichen Stellen renoviert und erweitert, ein verbesserter Multi-Monitor-Betrieb dürfte aber ebenso wenig für neue Mac-Nutzer sorgen wie Apple Maps oder iBooks für OS X. Wirklich neue Hardware wurde nur in Form des Mac Pro gezeigt, der für die breite Masse aber vollkommen irrelevant ist. Das überarbeitete MacBook Air kann im besten Fall als „nett“ bezeichnet werden, die propagierten Akkulaufzeiten müssen sich erst in der Praxis bestätigen, auf einen mit „Haswell“ versehenen iMac wartete man aber ebenso vergebens wie auf neue Retina-MacBooks. Es scheint, als verwalte Apple hier noch etwas länger das Erreichte.

Zumindest aus deutscher Sicht enttäuschend verlief der letzte Teil der WWDC-Keynote: Über iTunes Radio war im Vorfeld viel berichtet worden, so dass es letztlich nur eine große Überraschung gab: Verfügbar wird der neuen Dienst auf unbestimmte Zeit nur in den USA sein. Immerhin wirkt die Implementierung in das System wie aus einem Guss, Nutzer von iTunes Match können das Angebot zudem werbefrei nutzen. Allein dies dürfte das Angebot für viele attraktiv machen, aber auch der umfangreiche Katalog könnte am Ende ausschlaggebend sein. Festzuhalten bleibt aber, dass Apple nun am Ball bleiben und die Pause, die Google aktuell mit Android eingelegt hat, ausnutzen muss. Allerdings kommt es dabei auch auf die Hardware an, die man gestern schuldig geblieben ist.

[figure image=images/stories/newsbilder/aschilling/2013/wwdc2013/wwdc2013-ios7press-1-rs.jpg link=images/stories/newsbilder/aschilling/2013/wwdc2013/wwdc2013-ios7press-1.jpg alt=WWDC 2013 iOS 7]WWDC 2013: iOS 7[/figure]

 

Andreas Kaspar:

Die 2013er WWDC-Keynote wurde im Vorfeld als das Schlüsselevent über die Zukunft des iPhones abgestempelt. Dass dem natürlich nicht so ist, sollte jedem klar sein. Da mir als Noch-iPhone-User mit dem Drang nach etwas Neuem in den kommenden Monaten aber ein Smartphone-Wechsel ins Haus steht, entscheidet iOS 7 zumindest über mein Zusammenleben mit dem Apfelkonzern. Entsprechend gespannt war ich auf die Neuerung, denn der Name Jony Ive weckt Erwartungen – und die konnten bei mir designtechnisch nicht vollständig erfüllt werden, aus technischer hingegen schon etwas mehr.

Ja, iOS 7 hat endlich das neue Flat-Design, und das sieht an vielen Ecken und Enden hervorragend aus. Wirklich überzeugen können mich aber nur die gänzlich neu gestalteten Elemente wie das Notification Center und einige In-App-Elemente. An bisher bekannten Stellen hat Apple der Mut zu früh verlassen, sodass beispielsweise die Icons für mich wie Kinder-Bilder der bisherigen Versionen wirken – hier hätte Apple deutlich mutiger sein müssen, um wirklich das Feeling von etwas Neuem und „Revolutionärem" zu schaffen. Ebenso hat sich Apple nicht wirklich getraut,etwas am grundlegenden Layout zu überarbeiten – es gibt immer noch ein starres 4x4 bzw. 4x5-Raster. Beides könnte sich langfristig aber als kluger Schachzug erweisen, denn Microsoft hat mit Windows 8 deutlich vorgemacht, dass ein allzu extremer Bruch mit dem Gewohnten problematisch sein kann. Ein cooler optischer Gag ist der neue blickwinkelabhängige Effekt, der das Gefühl vermittelt, einen Blick hinter die Icons werfen zu können, wenn das iPhone bewegt wird. Über das neue Layout mag man nun streiten können, das ist klar, aber da gibt es ja auch noch die neuen Funktionen. Die sorgen dafür, dass iOS 7 sicherlich die am einfachsten zu bedienende Version von Apples Mobile-OS wird.

Die neu eingeführten Features sind da deutlich interessanter. An anderer Stelle hat man diese bereits teilweise gesehen, wie beispielsweise das Notification Center. Leider lässt sich das aber nicht individualisieren, wie ich es mir wünschen würde. Der Zugriff auf Benachrichtigungen aus dem Lockscreen: hervorragend, aber eben bei Android schon lange der Standard. Auf den ersten Blick spektakulärer klingt das neue Multitasking, sollten Apples Versprechen hinsichtlich der Energieeffizienz wirklich stimmen, wäre dies ein riesiger Schritt nach vorn, leiden aktuell doch alle Smartphones an einem zu kurzen Atem. Ebenso bin ich gespannt, wie gut es funktioniert, dass manche Anwendungen bereits im Hintergrund geladen werden. Auch die neuen Sharing-Features können interessant sein, sind aber natürlich wieder einmal recht strikt auf das Apple-Universum beschränkt.

Die gestrige WWDC war aber noch mehr als nur iOS 7 – das Schlüsselthema war für mich erneut der Energiebedarf. Mac OS X Mavericks setzt an vielen interessanten Stellen an und schließt so manche Lücke, weshalb ich vom MacBook wieder auf ein Windows-System zurückwechselt bin, wie beispielsweise die optimierte Fullscreen-Darstellung von Anwendungen. Interessant ist aber, dass Apple ähnlich zu iOS im großen Stile am Stromverbrauch gearbeitet haben möchte. Von bis zu 72 Prozent weniger Stromverbrauch waren in der Präsentation die Rede – an dieser Stelle hat Apple wieder einmal seinen Blick für das Wesentliche erkannt. Gleiches gilt auch für die neuen, nur marginal überarbeiteten MacBook Air-Versionen. Während die kommenden Ultrabooks mit höher auflösenden Displays (wie beispielsweise beim Acer Aspire S7-392) und damit einem höheren Stromverbrauch aufwarten können, und dank noch kleinerer Gehäuse (wie beim Sony Vaio Pro) kaum noch Platz für einen Akku haben, nutzt Apple die Energieeffizienz von Haswell um seine hochmobilen Rechnern noch länger fern der Steckdose nutzen zu können. Sollte sich das Versprochene bewahrheiten, hätte Apple den richtigen Riecher bewiesen.

Mein persönliches Highlight der WWDC war aber der neue, leider nur vorangekündigte Mac Pro – und das hat nicht unbedingt etwas mit der Leistung zu tun, sondern mit dem neuen Design. Zum ersten Mal seit vielen Jahren wagt Apple einen radikalen Bruch in seinem Industrie-Design. Da darf man gespannt sein, was uns bei künftigen Apple-Produkten erwartet, denn bislang war Apple immer sehr konsistent, wenn es um das Erscheinungsbild seiner Produkte ging.

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Andreas Schilling:

Der Keynote der WWDC am gestrigen Abend blickte ich erwartungsvoll entgegen - und wurde nicht enttäuscht. Große Hoffnungen auf ein MacBook Air mit Retina-Display oder einen fertigen Mac Pro machte ich mir ohnehin nicht. Der iMac hatte sein Update erst im Spätherbst erhalten und iPhone- sowie iPad-Updates wird Apple traditionsbedingt im September/Oktober auf den Markt bringen. Ich freute mich also auf neue Software, den Nachfolger von OS X 10.8 Moutain Lion und iOS 6 - und wurde nicht enttäuscht.

OS X 10.9 Sea Lion, sorry Mavericks, könnte das werden, was Snow Leopard für Leopard war. Kleinere Verbesserungen und neue Features, die nicht wie ein neues OS aussehen, die meine alltägliche Arbeit aber erleichtern könnten. Inzwischen habe ich mich an das Arbeiten mit vielen Finder-Fenstern gewöhnt, ich werde mich aber sicherlich auch an die Tabs gewöhnen können. Besonders gespannt aber bin ich auf die Tags, denn trotz Spotlight-Suche finde ich die meisten Dokumenten und Dateien nur, weil ich noch genau weiß, wo ich sie abgelegt habe. Natürlich werde ich mich mit den Tags daran gewöhnen müssen, einen gewissen Arbeitsaufwand im Vorfeld aufzubringen. Die Integration von Apple Maps oder Shared Links im Safari spielen für mich nur eine nebensächliche Rolle. App Napp, eine bessere Handhabe von Fullscreen-Anwendungen und deren Zusammenspiel mit mehreren Displays müssen erst einmal beweisen, was sie mir im Alltag bringen. Performance-Verbesserungen und eine längere Akkulaufzeit durch eine höhere Effizienz in den CPU- und GPU-Threads klingen auf dem Papier gut, meinen persönlichen Härtetest müssen sie aber auch erst einmal noch bestehen.

So richtig interessant wurde es aber mit iOS 7. Die Frage, ob Jony Ive ein Software-Design-Team leiten kann, scheint geklärt zu sein: Ja, er kann! Schade, dass er nicht persönlich auf der Bühne stand, um sein Software-Design vorzustellen. Das, was wir mit iOS 7 sehen, ist die erste Hard- und Software-Entwicklung in der Post-Jobs-Ära. Auf alle bisherigen Produkte hatte Steve noch einen gewissen Einfluss, sei es auf das iPad mini oder den neuen iMac. Das eine Aktualisierung von iOS mehr als notwendig war, dürfte unstrittig sein. iOS in seiner aktuellen Design-Sprache wurde 2007 veröffentlicht, die Entwicklung dürfte einige Jahre zuvor gestartet sein. Bis auf einige Facelifts hat sich wenig getan und auch wenn sich meine Augen und das Muskelgedächtnis inzwischen daran gewöhnt haben, gerade im Vergleich zu Android und Windows Phone 8 hängt iOS in Design und Technik teilweise deutlich hinterher.

[figure image=images/stories/newsbilder/aschilling/2013/wwdc2013/wwdc-macpro-press-1-rs.jpg link=images/stories/newsbilder/aschilling/2013/wwdc2013/wwdc-macpro-press-1.jpg alt=WWDC 2013 Mac Pro]WWDC 2013: Neuer Mac Pro[/figure]

Das neue "flache" Design mit seinen teils knalligen Farben, den dünnen Pinselstrichen ist ein krasser Wechsel zum aktuellen Design, allerdings vielmehr matt als flach. An diesen Anblick muss man sich zunächst einmal gewöhnen. Auf der Keynote selbst nahm sich Apple mit den bereits vielfach zitierten Skeuomorphismus hin und wieder selbst auf den Arm. Doch das wäre gar nicht nötig gewesen, denn es hat über Monate und Jahre funktioniert, nur war selten eine Einheit zwischen Hard- und Software zu erkennen. Diese könnte iOS 7 nun herstellen, denn in beiden Bereichen hat nun Jony Ive seine Finger im Spiel und das merkt man iOS 7 auch deutlich an. Noch viel besser ist, dass sich Ive, anders als bei der Hardware-Entwicklung, an keine physikalischen Limits mehr halten muss. Eine Software besitzt keine Begrenzung in Breite, Höhe und Tiefe, sie ist nur durch die Größe des Displays und durch den Speicherplatz beschränkt. Warum sollte ein Ordner auf dem Homescreen also nur eine gewisse Anzahl Apps beinhalten? Waren acht offene Tabs im Mobile Safari zuvor ein Limit (vermutlich durch die Hardware), sind sie es unter iOS 7 nicht mehr.

Unterstützt wird dieser Eindruck von Hard- und Software durch die Darstellung aller Interface-Elemente in drei Ebenen. Startet der Anwender eine Anwendung oder öffnet ein Setting, wird dies über die alte Arbeitsebene drübergelegt. Ein gutes Beispiel sind die Benachrichtigungen und das "Control Center". Von oben oder unten in den Bildschirm gezogen, landet der Benutzer nicht in einem neuen Bereich, sondern bleibt wo er ist und bekommt nur eine zusätzliche Ebene angezeigt. Die Neigung des iPhones oder iPads verschiebt die Blickrichtung in eben diesen Ebenen und unterstützt somit diesen Eindruck einer Einheit von Hard- und Software.

Hinter all dem Design-Schnick-Schnack verbergen sich auch einige interessante Techniken. So können Apps in Zukunft ihren Inhalte im Hintergrund aktualisieren. Wer hat nicht schon einige Sekunden nach dem Start von Twitter, Facebook, der Wetter App oder dem Podcast-Client auf dessen Aktualisierung gewartet. All dies kann nun im Hintergrund geschehen und der Nutzer bekommt die neuen Inhalte direkt nach dem Start der App angezeigt. Es gäbe noch viel mehr zu schreiben. Zum Beispiel über die Audio-only-Anrufe über FaceTime (klingt irgendwie falsch, stimmt aber) oder aber die Möglichkeit einzelnen Apps gezielt die Mobilfunkverbindung zu entziehen. Ich vermisse aber auch noch Funktionen wie Mehrbenutzer-Accounts oder eine Möglichkeit Daten zwischen Apps auszutauschen (was bereits heute in eingeschränkter Form angeboten wird.

Alle die neuen Features und Designelemente sind allerdings nichts wert, so lange es Apple nicht schafft alle Komponenten zu einer Einheit zusammen zu führen. Dies gelingt vor allem in der Optik in der ersten Beta noch nicht vollständig. So manche neue dünne Schrift lässt sich kaum lesen und die Icons auf dem Homescreen sprechen noch nicht unbedingt eine eindeutige Designsprache. Aber Apple hat ja noch einige Monate Zeit.

[figure image=images/stories/newsbilder/aschilling/2013/wwdc2013/wwdc2013-4-rs.jpg link=images/stories/newsbilder/aschilling/2013/wwdc2013/wwdc2013-4.jpg alt=WWDC 2013 anki Drive]WWDC 2013: anki Drive[/figure]

PS: anki zeigt auf der WWDC Keynote eine App samt Hardware, bei der ferngesteuerte Autos per Bluetooth 4.0 Low Energy mit dem iOS-Gerät sprechen und auf einer „Rennstrecke“ gegeneinander fahren. anki ist ein Unternehmen, dass sich mit Robotik und künstlicher Intelligenz beschäftigt. Dabei erkennen die Autos nicht nur die Wegstrecke, sondern auch die Gegner auf der Strecke. Die kompletten Berechnungen werden auf dem iOS-Gerät ausgeführt. Alle Autos können sich auch untereinander koordinieren und sich beispielsweise gegen einen Gegner verbünden. anki Drive soll ab Herbst sowohl in Hard- wie auch Software erhältlich sein. Ich mache schon einmal Platz in der Wohnung ...

Mit einem Satz hat Phil Schiller, Senior Vice President of Worldwide Marketing bei Apple, die Keynote für mich sehr schön zusammengefasst: "Can’t innovate anymore, my ass."

 

Marc-Goerg Pater:

Evolution oder Revolution? Das war die Frage, die sich vor eigentlich jeder Apple-Keynote in den letzten Jahren stellte. Die Erwartungen waren hoch, die Enttäuschungen oftmals groß. Entweder es gab gar keine neue Hardware, oder die Neuerungen waren nicht erstaunlich genug oder aber es gab nur einen Speed-Bump. Die WWDC in diesem Jahr scheint da eine (positive) Ausnahme zu sein. Eine neue Generation Macbook Air mit exorbitanten Laufzeiten, ein kleiner Blick auf einen lang ersehnten, völlig neuen Mac Pro, Apples neues Desktop System OS X 10.9 "Mavericks", iTunes Radio und zu guter Letzt das neue iOS 7. In Sachen Vorstellungs-Feuerwerk hat Apple in diesem Jahr auf jeden Fall die Nase vorn. 

Neben allen Vorstellungen: der eigentliche "Star" der Keynote war von vornherein bekannt. iOS 7. Das iOS dringend ein Design-Update gebraucht hat, steht außer Frage - zu altbacken und statisch wirkte die bislang genutzte Optik gegenüber Google und Microsoft. Mit viel Transparenz und neuen Menüs sowie erweiterter Touch-Bedienung will man zur "modernen" Konkurrenz aufschließen. Doch hier fällt auch das alles entscheidende Stichwort: "aufschließen". Zwar ist iOS 7 für Apple ein riesiger Schritt, im Vergleich zur Konkurrenz jedoch auch ein notwendiger. Keine Frage: das neue, schlichte Design, der sich mitbewegende Hintergrund, die halbdurchsichtige Tastatur, das neue Notification-Center und das Control Panel. Alles durchaus sinnvolle und meiner Meinung nach äußerst schicke Schritte hin zu einem modernen System.

Doch auf den zweiten Blick fällt auf: Das "Control Panel" ist nichts anderes als eine Ansammlung von Schnellzugriffen, wie sie Android Nutzer schon seit Langem kennen. Anpassbar? Unbekannt! Die "Today"-Ansicht im Notification-Center wird auch weiterhin keinen Android-Nuzter auf seine Widgets verzichten lassen und die super-schicke Multitasking-Ansicht erinnert doch stark an webOS und Windows-Phone. Full-Screen-Browsing und gestenbasierte Steuerung des Smartphones? Automatische App Updates und nicht-limitierte App-Ordner? Nichts, was man nicht schon gesehen, genutzt oder gehört hätte. iTunes Radio? Für uns uninteressant, da bislang US-only. Weitere Verbesserungen rund um das System gehören für Apple fast schon zum Standard: Siri kann mehr und spricht besser, die Kamera-App wurde um Filter-Funktionen erweitert und die Tab-Begrenzung im Browser ist nun ebenfalls Vergangenheit.

Schon beeindruckender: Multitasking 2.0. Angeblich unbeeinflusste Akkulaufzeit bei "echtem" Multitasking. iOS 7 erkennt intelligent, welche Apps man sehr häufig nutzt und updatet diese ständig im Hintergrund. Liest man z.B. nur morgens zwischen 8 und 9 Uhr mit der "CNN"-App seine Nachrichten? Kein Problem, Apples iOS erkennt dies und updatet die App nach einer Lernphase nur in diesem bestimmten Zeitraum - das spart Akkukapazität. Ist die Verbindungsgeschwindigkeit gerade hervorragend oder schaltet man das Gerät sowieso gerade ein, um nach den neuesten Ereignissen zu schauen? Auch dann wird öfter und schneller geupdatet. Ebenfalls extrem praktisch: Benachrichtigungen, die eigentlich auf dem Smartphone ankommen, können in Verbindung mit Apples neuester Iteration des Desktop-Systems, OS X Mavericks, ebenfalls dort gesehen werden.

Trotz wenig wirklich beeindruckender und nie dagewesener Features (Seien wir ehrlich: Wer erwartet dies noch bei den aktuell quasi voll ausgestatteten Mobilsystemen?): iOS 7 geht meiner Meinung nach genau in die richtige Richtung. Ein optisch sehr modernes System ohne die bisherigen Anwender zu verprellen, sinnvolle Features und solche, die der Nutzer zwar nicht aktiv merkt, aber ihm dennoch einiges an Komfort geben. Das und die vermutlich weiterhin sehr flüssige Bedienung werden iOS 7 wieder interessant machen. Und die Aussicht, dass sich iPhone 4, iPad 2 und iPod Touch (5. Generation) ebenfalls über frischen Wind freuen dürfen, kommt sicherlich auch gut an. Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie sich die neueste Iteration von Apples Mobil-System im Alltags-Test bei den "Normalverbrauchern", wenn es im Herbst für Jedermann erscheint, schlagen wird.