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HTC 10 im Test

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Vom Innovator zum Sorgenkind: HTC gilt derzeit als eines der größten Sorgenkinder des Smartphone-Marktes. Nach dem guten, aber nicht überragenden One M8 und One M9 soll der schlicht 10 genannte Nachfolger nun endlich die Trendwende einläuten. Zu wünschen wäre es dem Unternehmen, ganz so einfach wird es aber nicht. Denn der Test zeigt, dass man nicht in jedem Punkt mit der Konkurrenz mithalten kann.

Nötig ist das aber nicht, wie zuletzt das P9 zeigte. Zwar bietet Samsung mit dem Galaxy S7 derzeit das wohl „rundeste“ Gesamtpaket, uneingeschränkt überlegen ist man der Konkurrenz aber nicht - was Huawei in Sachen Kamera unter Beweis stellt. Teilweise folgt HTC diesem Ansatz, teilweise eifert man aber auch Samsung und LG nach. Angesichts der unverbindlichen Preisempfehlung ist das nicht nur verständlich, sondern auch nötig. Wo Huawei sich mit 569 klar unterhalb der beiden Mitbewerber platziert, soll das 10 mit seinen 699 Euro ganz oben mitspielen - im Vergleich zum Vorgänger sind das sogar noch 50 Euro weniger.

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Display mit mehr von allem

Und das obwohl man wie beim Display in allen wichtigen Punkten mehr als vor einem Jahr bietet. Die Anzeige misst in der Diagonalen nun 5,2 Zoll, womit das Galaxy S7 knapp überboten wird. Der Super-LCD-Technik bleibt man treu, nun allerdings in der fünften Generation. Gegenüber herkömmlichen IPS-Lösungen soll der äußerst geringe Abstand zwischen Panel und Deckglas für weniger Spiegelungen sorgen, eine bessere Farbdarstellung und einen höheren Kontrast bieten.

Teilweise lässt sich das beim 10 erkennen. Mit 1.669:1 ist das Kontrastverhältnis für ein Nicht-OLED-Panel sehr gut, der Durchschnitt der letzten Testgeräte lag bei rund 1.300:1. Hinsichtlich der Farben ist die Anzeige so gut, dass die vergleichsweise neue DCI-P3-Norm erfüllt wird. Diese wurde von der Filmindustrie entwickelt, um eine einheitliche Qualität unabhängig vom Ersteller zu erreichen. Im Vergleich zu anderen Standards müssen hier weitaus mehr Rot- und Grüntöne berücksichtigt werden. Das Ergebnis ist eine Abdeckung von AdobeRGB, sRGB und NTSC von jeweils etwa 92, 98 und 90 %. In der Praxis macht sich das durch sehr satte, aber natürlich wirkende Farben bemerkbar.

Das HTC 10 bietet mehr Pixel als das One M9, im Alltag spielt das keine Rolle

Das HTC 10 bietet mehr Pixel als das One M9, im Alltag spielt das keine Rolle.

Warum HTC die Farbdarstellung ab Werk aber unnötig verschlechtert, ist ein Rätsel. Wie fast alle Hersteller weicht die Farbtemperatur deutlich vom Optimum (6.500 Kelvin) ab. Wer sich auf die Standardeinstellung verlässt, muss mit klar blaustichigen 7.900 Kelvin leben, im besten Fall lassen sich Dank Anpassbarkeit gut 6.500 Kelvin erreichen. Im Vergleich mit One M9 ist das Display bis hierhin deutlich besser.

Wichtiger ist die überzeugende Farbdarstellung und Ableskbarkeit

Wichtiger ist die überzeugende Farbdarstellung und Ableskbarkeit.

Leider hat man die maximale Helligkeit aber nur minimal angehoben, mehr als 459 cd/m² sind nicht erreichbar. Das reicht im Freien nur dann aus, wenn man die direkte Sonneneinstrahlung und Vergleichbares meidet. Die Konkurrenz ist hier besser: Samsung erreicht in der Spitze derzeit mehr als 800 cd/m², beim P9 sind es gut 560.

Zumindest Huawei hängt man jedoch in puncto Bildschärfe ab. Denn nach dem letztjährigen Festhalten an Full HD springt man nun auf den QHD-Zug auf. Mit 2.560 x 1.440 Pixeln steigt die Pixel-Dichte auf 565 ppi. Das macht sich auf dem Papier gut und ist auch dem Preis angemessen, in der Praxis hält sich der Vorteil aber in sehr engen Grenzen. Im direkten Vergleich mit dem Huawei P9 sind Unterschiede im üblichen Einsatz nicht erkennbar.

Oben dabei dank Snapdragon 820

Sich treu bleibt man beim SoC. Nachdem das One M9 - wie so viele andere Smartphones auch - unter den Hitzeproblemen des Snapdragon 810 zu leiden hatte, gibt man Qualcomm eine neue Chance. Der Nachfolger Snapdragon 820 basiert dabei auf endlich wieder angepassten Kernen, vorgestellt haben wir den Chip bereits Ende des vergangenen Jahres.

Verbaut werden vier Kryo-CPU-Kerne, die auf zwei Cluster verteilt sind. Im Performance-Cluster werden 2,2 GHz erreicht, im Power-Cluster ist bei 1,6 GHz Schluss. Die Kryo-Kerne basieren auf ARMs ARMv8-A-Basis, sind damit 64-Bit-tauglich und entsprechen am ehesten dem Cortex-A72 der Briten. Wie gewohnt eine Eigenentwicklung ist die GPU vom Typ Adreno 530. Gegenüber der Adreno 430 im Snapdragon 810 fällt die höhere Zahl der ALUs (256 statt 192) sowie die Unterstützung aller aktuell wichtigen Grafikstandards im Mobilbereich auf. Die Grafikleistung liegt im Idealfall um gut 15 % höher, obwohl der GPU-Takt mit 624 MHz etwas geringer ausfällt.

Der Snapdragon 820 bietet mehr als genügend Leistung - hier im 3DMark Ice Storm Unlimited

Der Snapdragon 820 bietet mehr als genügend Leistung - hier im 3DMark Ice Storm Unlimited.

Dass der Snapdragon 820 unter besonderer Aufmerksamkeit steht, liegt aber nicht nur am Kryo-Kern und seinem problematischen Vorgänger, sondern auch am von der Konkurrenz abweichenden Aufbau. Denn diese setzt in Form des Exynos 8890 (Samsung) und Kirin 955 (Huawei) auf acht statt vier CPU-Kerne und teils deutlich höhere Taktraten. Hinzu kommt, dass Samsung mit dem Exynos M1 erstmals ebenfalls auf einen eigenen Kern setzt.

Deshalb ist zunächst der Blick auf die Einzelkernleistung interessant. Diese beziffert Geekbench 3 auf rund 2.100 Punkte, womit der Kryo-Kern auf einem Niveau mit Samsungs CPU liegt. Der Cortex-A72 hat hier klar das Nachsehen, im Kirin 950 und Kirin 955 bringt er es auf etwa 1.700 bis 1.800 Punkte. Im Vergleich zum Cortex-A57, der im Snapdragon 810 und somit auch im One M9 steckt, liegt der neue SoC ebenfalls vorn. Denn der brachte es im Test je nach Smartphone auf circa 1.100 bis 1.300 Punkte.

Im PCMark übertrumpft man das Galaxy S7 - obwohl der interne Speicher langsamer ist

Im PCMark übertrumpft man das Galaxy S7 - obwohl der interne Speicher langsamer ist.

Die CPU-Leistungskrone gebührt dem Snapdragon 820 aber dennoch nicht. Durch den Einsatz von nur vier Kernen können einige Achtkerner vorbeiziehen, darunter der Exynos 7420 aus der Galaxy-S6-Familie, aber eben auch die bereits genannten Exynos 8890 und Kirin 950/955. Die letzten drei genannten liegen mit Wertungen zwischen 6.300 und 6.500 Punkten deutlich vor Qualcomms aktuellem Topmodell. Das schafft im 10 nur 4.600 Punkte und damit etwa 10 bis 20 % mehr als der Vorgänger. Ob das im Alltag gegenüber den direkten Konkurrenz-Chips ein Nachteil ist, hängt von der Software ab. Macht diese Gebrauch von mehr als einem Kern oder gar von allen Kernen, hat HTCs Flaggschiff das Nachsehen. Wird nur ein Kern gefordert, spielt man ganz oben mit. Eine ganz andere Frage ist, ob der Nutzer davon etwas mitbekommt. Denn hier kann man getrost von einem Leistungsniveau sprechen, in dem 10 % mehr oder weniger subjektiv keine Rolle spielen, Performance ist genügend vorhanden.

Auch weil die Adreno 530 den guten Ruf, den die GPU-Familie genießt, bestätigt. In den Grafikwertungen von AnTuTu 5 und 6 belegt der Snapdragon 820 jeweils einen der ersten drei Plätze, ähnlich sieht es im GFXBench 3 aus. Insgesamt liegt die Grafikleistung gegenüber der Adreno 430 je nach Szenario um etwa 30 bis 90 % höher. Betrachtet man die Gesamt-Performance des SoCs, müssen Besitzer des HTC 10 keine Angst vor Einbrüchen haben. Mit gut 121.000 Punkten belegt man in AnTuTu 6 den zweiten Platz knapp hinter der Galaxy-S7-Reihe und liegt deutlich vor dem Mate 8 und P9. Im älteren AnTuTu 5 reicht es immerhin noch für Rang drei, im 3DMark je nach Einstellung für Platz eins oder zwei.

Die volle Leistung kann der SoC nicht abrufen, beide Cluster werden gedrosselt

Die volle Leistung kann der SoC nicht abrufen, beide Cluster werden gedrosselt.

In der Praxis macht sich das unter anderem durch fehlende Ruckler bemerkbar. Selbst in fordernden Applikationen waren keine Aussetzer und anderes zu bemerken. Gegenüber Samsung könnte man einen kleinen Nachteil beim Transfer sehr großer Datenmengen haben. Laut Androbench schafft das 10 in der Spitze rund 156 und 61 MB/s (Lesen/Schreiben), das Galaxy S7 brachte es hier auf 225 und 63 MB/s. Mit 4 GB LPDDR4 entspricht der Arbeitsspeicher aber dem, was auch Samsung bietet.

Vergleicht man die Leistungsdaten des 10 mit denen des Snapdragon-820-Entwickler-Smartphones, fällt auf, dass HTC in fast allen Tests leicht zurückfällt. Der Blick auf das Taktverhalten zeigt, dass beide Cluster die Spitzengeschwindigkeit nicht über einen längeren Zeitraum halten können. Das Power-Cluster geht dann teilweise auf 900 MHz zurück, das Performance-Cluster auf 600 bis 1.300 MHz. Grund dafür könnte die Temperaturentwicklung des 10 sein, auf der Geräterückseite erreicht das Smartphone in Benchmarks knapp 40 °C.

Voll ausgestattet

Der Einsatz des Snapdragon 820 bringt aber nicht nur ein Leistungsplus, auch das Ausstattungsniveau des HTC 10 profitiert davon.

In erster Linie gilt das für das Modem. In LTE-Netzen werden Dank Cat 9 bis zu 450 Mbit/s im Downstream erreicht, beim Upload von Daten sind maximal 50 Mbit/s möglich. Beim Telefonieren spielt das natürlich keine Rolle, hier zeichnet sich das Smartphone aber ebenfalls positiv aus. Lautsprecher und Mikrofone schneiden überdurchschnittlich ab, auch unter sehr ungünstigen Bedingungen ist man klar zu verstehen. Verbindungsprobleme waren ebenfalls nicht zu beobachten. Auch seitens der Schnittstellenbestückung bleiben keine Wünsch offen. Schnelles WLAN (802.11ac) ist ebenso vorhanden wie Bluetooth 4.2 und NFC. Wer Daten lieber per Kabel überträgt, darf sich auf USB 3.1 Gen 1 in Form von Typ-C freuen.

Im Unibody steckt alles, was derzeit aktuell und wichtig ist

Im Unibody steckt alles, was derzeit aktuell und wichtig ist.

Exotisch wird es bei den drahtlosen Protokollen für die Übertragung von Bild und Ton. Dass Miracast, DLNA und Google Cast unterstützt werden, gehört fast shon zum Alltag. Apples AirPlay ab Werk auf einem Android-Gerät verblüfft hingegen. Hier muss HTC aber noch für Feinschliff sorgen. Mehr als Audio-Inhalte waren an einem Apple TV der dritten Generation nicht abspielbar - und das auch erst nach zahlreichen fehlgeschlagenen Verbindungsversuchen.

Dank eines Fingerabdrucksensors gelingt das Entsperren des Geräts schnell und unkompliziert. Bei der Integration verlässt HTC sich voll und ganz auf die in Android 6.0 integrierte Lösung. Das bedeutet: Erweitert Google die Funktionalität, dürfte das 10 ohne größeren Aufwand davon profitieren. Allerdings gehen sämtlich hinterlegten Fingerabdrücke verloren, wenn - aus welchem Grund auch immer - die Alternative Sicherungsmethode entfernt wird.

Auch USB Typ-C ist vertreten, das hohe Tempo reizt HTC aber nicht aus

Auch USB Typ-C ist vertreten, das hohe Tempo reizt HTC aber nicht aus.

Noch eine Anmerkung zur USB-Buchse: Durch den langsamen internen Speicher - 32 GB umfassend - geht der Vorteil der an sich schnellen Schnittstelle verloren, auch die derzeit schnellsten erhältlichen microSD-Karten reizen das Mögliche nicht einmal annähernd aus.

Hörtest

Viel Zeit investiert hat man nach eigenen Angaben in den neuen Lautsprecher. Anders als bei den Vorgängern der One-M-Familie hat HTC nur einen auf der Front untergebracht, der zweite versteckt sich wie bei den meisten Smartphones am unteren Ende. Das spart einerseits Platz auf der Vorderseite, andererseits führt die Platzierung dazu, dass der Stereo-Effekt schwächer ausfällt. Das nimmt HTC aber offensichtlich hin. Schließlich handelt es sich auch nicht um zwei identischen Lautsprecher.

Das Frontmodell arbeitet als Hochtöner, der untere ist für die tiefen Frequenzen zuständig - der Hersteller spricht gar von einem Subwoofer. Beiden Lautsprechern spendiert man darüber hinaus einen eigenen Verstärker sowie einen 24-Bit-DAC, was ebenfalls dazu führt, dass sich das HTC 10 als Hi-Res-Audio-zertifiziert bezeichnen darf.

Alleinstellungsmerkmal: Der Sound kann per Hörtest angepasst werden

Alleinstellungsmerkmal: Der Sound kann per Hörtest angepasst werden.

Ob das Smartphone am Ende mit seinen Lautsprechern die beste Klangqualität aller Smartphones erreicht, ist auch eine Frage des Geschmacks und Musikvorlieben. Denn mittlere Frequenzen werden kaum abgebildet, zudem ist die maximale Lautstärke geringer als man es erwarten würde. Aber selbst bei höchsten Pegeln bleiben Verzerrungen aus, Höhen und Tiefen sind klar auseinanderzuhalten.

Wer lieber auf Kopfhörer zurückgreift, ist klar im Vorteil. Denn auf Wunsch lassen sich Profile anlegen, die das eigene Hörvermögen berücksichtigen und entsprechend verschiedene Frequenzbereiche anpassen. Das lässt sich entweder anhand einiger weniger Fragen oder per Hörtest erledigen. Das Ergebnis ist eine klare Verbesserung, wenn auch nicht durchgängig.

Für den zweiten Lautsprecher ist kein Platz mehr auf der Front

Für den zweiten Lautsprecher ist kein Platz mehr auf der Front.

Etwas besser als üblich schneidet das mitgelieferte Headset ab. Auch dieses verfügt über eine Hi-Res-Audio-Zertifizierung, kann mit klassischen Kopfhörern der 50-Euro-Klasse und aufwärts aber nicht mithalten.

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