Hier mal die komplette Email-Antwort der USK auf meine Beschwerde hin bzgl. Indizierung:
Hallo,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Alterskennzeichnung des Spiels „Dying Light 2 Stay Human“.
Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) hat Ihre u. g. E-Mail mit der Bitte um Beantwortung an die Ständigen Vertreter weitergeleitet, da die
Ständigen Vertreter der Obersten Landesjugendbehörden (OLJB) bei der USK für die Alterskennzeichnung von digitalen Spielen auf der Grundlage des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) zuständig sind. Verantwortlich für die
gesetzlichen Alterskennzeichen sind nicht die Mitarbeiter*innen der USK (diese sind für die technischen und organisatorischen Abläufe der Prüfungen verantwortlich), sondern die 16 Bundesländer, die von den
Ständigen Vertretern der Obersten Landesjugendbehörden (OLJB) bei der USK in Berlin vertreten werden. Die Ständigen Vertreter haben mich beauftragt Ihre Anfrage zu beantworten.
Ziel des gesetzlichen Jugendmedienschutzes ist es, Kinder und Jugendliche vor Medien zu schützen, die sich schädlich auf deren
Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit auswirken könnten (vgl. § 10a JuSchG). Das Jugendschutzgesetz (JuSchG) unterscheidet dabei zwischen a)
entwicklungsbeeinträchtigenden Medien und b)
jugendgefährdenden Medien:
a)
Entwicklungsbeeinträchtigend sind Medien, die z. B. übermäßig ängstigend wirken, Gewalt befürwortend sind oder das sozialethische Wertebild schädigen könnten (vgl. § 10b Abs. 1 JuSchG). Damit Kinder und Jugendliche möglichst nicht in Kontakt mit solchen Medien kommen, werden diese mit einer Alterskennzeichnung versehen, die als gesetzliche Abgabebeschränkung wirkt und vor einer Indizierung durch die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) schützt. Auf digitale Spiele bezogen heißt das, Kindern und Jugendlichen, die jünger sind als die mit der USK-Kennzeichnung abgegebene Altersstufe, dürfen diese Spiele nicht zugänglich gemacht (z.B. im Handel nicht verkauft) werden.
b)
Jugendgefährdend sind Medien, die sich besonders schädlich auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen auswirken könnten – sie können nicht „nur“ beeinträchtigend wirken, sondern die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten sogar gefährden (vgl. § 10a Nummer 2 JuSchG). Dazu zählen vor allem unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizende Medien sowie Medien, in denen Gewalthandlungen wie Mord- und Metzelszenen selbstzweckhaft und detailliert dargestellt werden oder Selbstjustiz als einzig bewährtes Mittel zur Durchsetzung der vermeintlichen Gerechtigkeit nahe gelegt wird (vgl. § 18 Abs. 1 JuSchG). Jugendgefährdende Medien
dürfen nicht mit einer gesetzlichen Alterskennzeichnung versehen werden und können nach Markteintritt von der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) indiziert werden. Um Kinder und Jugendliche bestmöglich vor dem Einfluss jugendgefährdender Medien zu schützen, gelten nach einer Indizierung weitreichende Abgabe-, Präsentations-, Verbreitungs-, Vertriebs- und Werbebeschränkungen. Weitere Informationen dazu finden Sie auf der
Internetseite der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz.
In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass die gesetzlichen Regelungen zum Jugendmedienschutz lediglich für Kinder und Jugendliche gelten, jedoch nicht für Erwachsene. Erwachsene können (sofern es sich dabei nicht um strafrechtlich relevante Medien handelt) auch indizierte Medien ganz legal erwerben.
Spiele mit Gewaltdarstellungen, die die Entwicklung und Erziehung junger Menschen nicht nur beeinträchtigen, sondern gefährden, werden von der BzKJ indiziert, nicht von der USK.
Zum USK-Prüfverfahren:
Gegenstand des USK-Prüfverfahrens zur Erlangung eines gesetzlichen Alterskennzeichens ist die vom Antragsteller vorgelegte Version eines Spiels. Diese wird im Regelverfahren bei der USK
vor Markteintritt von wechselnden Prüfgremien mit jeweils einem/einer staatlichen Vertreter*in und vier unabhängigen Jugendschutzsachverständigen geprüft, die nicht für die Computerspielwirtschaft tätig sein dürfen.
Der Prüfrahmen ist festgelegt durch die gesetzlichen Bestimmungen sowie die USK-Leitkriterien. So ist gemäß § 14 Abs. 4 JuSchG die Kennzeichnung eines Spiels ausgeschlossen, wenn dieses mit einem in die Liste jugendgefährdender Medien der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) aufgenommenen Medium ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich ist.
Unter
www.usk.de finden Sie weitere Informationen zu unseren
Bewertungskriterien (Leitkriterien der USK) und zum
Prüfverfahren.
Die USK oder die Obersten Landesjugendbehörden (OLJB) sind nicht dafür verantwortlich in welcher Version ein Spieltitel in den Handel kommt. Dies liegt allein in der Verantwortung des Anbieters. Wenn ein Spiel die Indizierungskriterien erfüllt, der Anbieter jedoch eine Kennzeichnung anstrebt, so kann er (muss jedoch nicht) an dem Spiel Veränderungen vornehmen und es wieder zur Prüfung vorlegen. Es gibt jedoch keine „Schnittauflagen“, sondern der Anbieter entscheidet selbst, ob er ein Spiel ohne Kennzeichnung auf den Markt bringt oder ob er es verändert, um eine Alterskennzeichnung von den Obersten Landesjugendbehörden (OLJB) zu erhalten.
Zu den USK-Prüfentscheidungen zum Spiel „Dying Light 2 Stay Human“:
Das Spiel „Dying Light 2 Stay Human“ wurde vom Antragsteller in verschiedenen Versionen zur Alterskennzeichnung bei der USK vorgelegt. Diese Versionen unterschieden sich im Wesentlichen in Bezug auf die virtuellen Gewalthandlungen bzw. Gewaltdarstellungen
gegen menschlich gestaltete Spielfiguren.
Da bereits das Vorgängerspiel „Dying Light“ in die Liste jugendgefährdender Medien der BzKJ aufgenommen („indiziert“) ist, wurde im USK-Prüfverfahren gemäß den o.g. gesetzlichen Bestimmungen geprüft, inwieweit eine jugendgefährdende Wirkungsmacht nach der Spruchpraxis der BzKJ vorliegen könnte. Hier kam das USK-Prüfgremium zu dem Ergebnis, dass bei Abwägung mit der Gesamtwirkung des Spiels die Indizierungstatbestände als erfüllt erachten werden müssen und somit die Vermutung einer Jugendgefährdung gemäß der Spruchpraxis der BzKJ nicht ausgeschlossen werden kann, weshalb die erste bei der USK vorgelegte Version des Spiels nicht gekennzeichnet werden durfte.
Konkret stellte das USK-Prüfgremium fest, dass das Spiel selbstzweckhaft und detailliert dargestellte Gewalthandlungen wie Mord- und Metzelszenen enthält. Diese richten sich nicht nur gegen Zombies, sondern auch gegen menschlich gestaltete Spielfiguren. Auch friedliche Gruppen von Überlebenden, die außerhalb der Story-Rahmung am Kampfgeschehen völlig unbeteiligt sind, können überfallen und gezielt verstümmelt werden – ohne dass dies mit spielrelevanten Sanktionen einhergeht.
Bei einer später eingereichten Version des Spiels „Dying Light 2 Stay Human“, die der Antragsteller der USK zur Alterskennzeichnung vorlegte, waren Story-Rahmung, Spielwelt und Quests identisch mit der zuvor nicht gekennzeichneten Version und auch hier wirkten die Gewalthandlungen gegen die Zombie-Figuren sehr drastisch. Dagegen waren die Gewaltdarstellungen gegen menschlich gestaltete Spielfiguren deutlich abgemildert. Nach sorgfältiger Abwägung des Spielinhalts bezogen auf die Indizierungstatbestände konnte das Prüfgremium hier keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Vermutung einer jugendgefährdenden Wirkung des Spiels gemäß der Spruchpraxis der BzKJ feststellen und entschied für die später eingereichte Version eine Kennzeichnung mit „keine Jugendfreigabe“ gemäß §14 Abs. 2 JuSchG (USK 18). Eine weitergehende Freigabe „ab 16 Jahren“ war nicht möglich, da aufgrund der vorgenannten drastischen Gewaltdarstellungen gegen die Zombie-Figuren eine Jugendbeeinträchtigung durch desensibilisierende Effekte nicht ausgeschlossen werden konnte.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen die Hintergründe für die Alterseinstufung des Spiels „Dying Light 2 Stay Human“ nachvollziehbar darlegen.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Simone Lieseke
Assistentin der Ständigen Vertreter der
Obersten Landesjugendbehörden bei der USK